Mit Ausbruch der Pandemie wurde einmal mehr deutlich, dass das Bild vom Menschen als Maß der Dinge dringend ein Update benötigt. In der Gemeinde Brunete, etwa 30 Kilometer westlich von Madrid steht seit kurzem ein ungewöhnliches Bauwerk, das Kohabitation ernst nimmt und Wege erprobt, durch Architektur die Bedingungen des lokalen Ökosystems zu verbessern: eine Schule für Hunde, Menschen und andere Spezies.
Lys Villalba (Madrid) und Enrique Espinosa, der unter dem Namen EEEstudio ebenfalls in Madrid firmiert, haben sie im Auftrag des spanischen Hundetrainerausbildungzentrums Educan geplant. Inmitten der ausgelaugten Felder einer pestizidabhängigen Landwirtschaft wirkt der Neubau mit seinem weißgrünen Aufbau auf trapezförmigem Ortbetonsockel und ultramarinblauen Details eher poppig als „öko“. Während in den beiden Klassenräumen Hunde und Menschen trainieren können, leben laut Projektbeschreibung auch fünf Mauerseglerfamilien, sechs Turmfalkenfamilien, rund zwanzig Spatzen und eine Eule im Haus.
Das gesamte Obergeschoss aus wiederverwerteten Übersee-Containern ist den Vögeln gewidmet, die Nistvorrichtungen bieten ihnen gute Aussicht und Orientierungsmöglichkeiten. Kleine Vögel und Fledermäuse bewohnen auch den dreidimensionalen Schriftzug an der Südfassade sowie die runden Öffnungen in den Containerecken. Sie fressen Insekten wie Mücken, die bestimmte Hundekrankheiten übertragen können, und sind Teil der Bestäubungszyklen von Blumen und Pflanzen auf den umliegenden Feldern.
Die Innenräume, in denen sich das kontrastreiche Farbkonzept fortsetzt, wurden nach Hunde-Maßstab gestaltet: Die durchschnittliche Augenhöhe wurde auf einen halben Meter abgesenkt, Öffnungen befinden sich mindestens einen Meter oberhalb des Bodens, und der Raum wurde mit pyramidenförmiger Schaumisolierung verkleidet, um visuelle und auditive Ablenkung für die Vierbeiner zu minimieren. Kunstrasen- und halbgeschliffene Waschbetonböden sind auf Hundepfoten ausgelegt. Lamellenrollos verschatten die Südfassade und lassen genug Platz für den Hundeverkehr nach draußen, wo das Regenwasser vom Dach in Tränken gesammelt wird.
Der überbordende Materialmix erklärt sich aus dem Ziel, Abfall zu vermeiden und möglichst ortsübliche Werkstoffe zu verwenden. Verschnitt des verwendeten Wellblechs diente als Schalung für den Ortbeton, lokale Handwerker produzierten die maßangefertigten Schmiedearbeiten für Bänke, Lampen und die großen Schiebetüren. Mit nur 300 Quadratmetern Fläche ist Educan ein kleines Projekt, das bereits mehrere Auszeichnungen eingeheimst und mit einer Nominierung für den EU Mies-Award 2022 bewiesen hat, dass es wie die Großen bellen kann. (kms)
Fotos: José Hevia, Javier de Paz
Zum Thema:
Mehr zur Multispezies-Architektur in der Baunetzwoche #544: Mehr Wildnis in der Stadt
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tiffys | 17.02.2022 21:40 Uhrblasphemie im farbenreich
...fanatisch, das trifft es schon eher:
zunächst:
dieser nunmher sich zu etablierende stil entfaltet seine wirkung in ganzer breite subtil, vordergründig visuell, weiß zu polarisieren, irgendwie neu und doch vertraut, kontrast, vor allem die farben, der einsatz von formen und all das...kreativ im detail, beinahe humorvoll - ganz bestimmt berechtigt und ein gegenentwurf zu staubtrockenen sichtbeton architekturen...
der wille die welt zu verändern, nunja, hier wird es dann zynisch:
mauersegler, pippmaise und stelzensittig dürfen sich hier, pardon, dem 3d schriftzug ihr zuhause suchen...
jedem tierchen sein pläsierchen?
auf einmal wirken die farben, das ganze setting irgendwie steril, unecht, kulissenhaft.
war das absicht?
wem gebührt der raum, dem "tier", dem lebewesen?
steht hier die egezentrik der farben denen nicht im weg, bzw. degradiert diese gar zu witzfiguren?