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03.12.2009
Schloss mit lustig
Humboldtforum in Berlin darf gebaut werden
Nun ist es also amtlich: Die Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses darf nach den Plänen des italienischen Architekten Franco Stella mit seinen Vertragspartnern gmp und HSA gebaut werden. Das hat das Oberlandesgericht Düsseldorf gegen Mittag des 2. Dezember 2009 entschieden. Ganz sauber sei das Verfahren allerdings nicht abgelaufen, so das Urteil: Formell sei der Vertrag zwischen Stella und Bundesbauministerium tatsächlich „rechtsunwirksam“ (wegen einer Verletzung der Vorinformationspflicht); inhaltlich sei das Vergabeverfahren aber nicht zu beanstanden. Daher könne nun ein neuer Vertrag abgeschlossen werden – mit Stella.
Die Bundesrepublik hatte beim OLG gegen ein Urteil der Vergabekammer des Kartellamts Beschwerde eingelegt, die den Vertrag zwischen Stella und Bundesrepublik (vertreten durch das BBR) für ungültig erklärt hatte – nach einer Klage eines der dritten Preisträger im Schloss-Wettbewerb, Hans Kollhoff. Strittig war am Ende auch gewesen, ob Stella überhaupt noch das Weisungsrecht beim Bau des Humboldtforums hatte. Das OLG stellte fest, dass dem so sei, d.h. das Weisungs- und Direktionsrecht beim Bauverfahren liege laut Vertrag trotz der Mitbeauftragung der großen Architekturbüros gmp und Hilmer & Sattler weiterhin bei Stella, obwohl dieser lediglich 35 Prozent der Planungsleistungen erbringen wird, er keine Weisungsbefugnis gegenüber den beiden Partnern habe und Entscheidungen nur einstimmig mit ihnen getroffen werden dürfen. Für das OLG ist es zudem kein Widerspruch, dass Stella nirgends im Vertrag als verantwortlich für Planungs- und Bauleistungen genannt wird.
Eine weiterer Streitpunkt war zudem, ob Stella überhaupt zum Verfahren hatte zugelassen werden dürfen. Auf Nachfrage der BauNetz-Redaktion teilte das Oberlandesgericht mit, die Richter hätten entschieden, dass auch hier dem BBR kein Vorwurf zu machen sei. Der Auslober bzw. Bauherr müsse nicht nachprüfen, ob die Selbsterklärung des teilnehmenden Architekten wahr sei, vielmehr dürfe er sich darauf verlassen, dass der Architekt die Wahrheit sage. Die Erklärung des Präsidenten der Architektenkammer von Vicenza, der Stellas Angaben zu Mitarbeiterzahl und Umsatz bestätigte, entlaste Stella zusätzlich, so das OLG (konträre Details dazu in der BauNetz-Meldung vom 1. Dezember 2009).
Kommentar der Redaktion
Niemand, der ernsthaft an der baukulturellen Entwicklung dieses Landes interessiert ist, kann sich rückhaltlos über das Düsseldorfer Urteil freuen. Sicher, einem Abgleiten in einen angestrengten Bürokratismus im Wettbewerbswesen wird dadurch der Riegel vorgeschoben. Der Auslober darf sich weiterhin auf die Eigenauskunft des Architekten verlassen, das wurde bisher nicht nachgeprüft, in Zukunft wird es das auch nicht. Bloß: Warum baut man dann überhaupt solche Hürden auf? Immerhin waren diese im Vorfeld des Wettbewerbs Gegenstand heftiger Debatten – und wurden schließlich ja auch entschärft.
Einen weiteren Aspekt stellt Nikolaus Bernau in der Berliner Zeitung heraus: Durch die Bestätigung der Vertragskonstruktion zwischen Stella, gmp und HSA, bei der der Wettbewerbsgewinner Stella lediglich 35 Prozent der Entwurfsleistung erbringt, werde eine Entwicklung des Architektenberufs (mit seinem Detailwissen von der „Stadtplanung bis zur Türklinke“) hin zum „Gestaltungsoberherren“ (Bernau) begünstigt. Dadurch degeneriere die „Architektur als Gesamtwerk aus sozialem, politischem, kulturellen und physischem Raum, aus Baukonstruktion und Gestaltung letztlich zur Fassaden- und Raumdekoration.“
(cv)
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