Zahlreiche Schutzhütten prägen den alpinen Raum. Viele dieser nicht selten historischen Bauten müssen dringend an gestiegene Übernachtungszahlen, an Anforderungen eines ökologischen Betriebs sowie an die Gefahren gehäufter Naturereignisse angepasst werden. In den letzten Jahren wurde beispielsweise der Standort der rund 1.880 Meter hoch gelegene Hütte Chamanna Cluozza im Schweizerischen Nationalpark in Graubünden weiterentwickelt. Nur fußläufig erreichbar und oberhalb des Talorts Zernez gelegen, bietet die Unterkunft heute 61 einfache Schlafplätze. Mit bis zu 4.000 Übernachtungen pro Sommersaison gehört sie zu den meistbesuchten Hütten in der Region.
Im Auftrag des Nationalparks, der den Bestandsbau 1910 errichten ließ, realisierte das Bündner Büro Capaul & Blumenthal architects (Ilanz/Glion) infolge eines Wettbewerbs eine bauliche Ergänzung als Unterkunft für das Personal. Der neue, freistehende Holzturm habe das vorhandene Ensemble unter Berücksichtigung von Natur-, Landschafts- und inzwischen auch Denkmalschutz „logisch weitergestrickt“, wie es die Architekten beschreiben. Entstanden ist wörtlich ein Strickbau aus Lärchenholz, der drei einzeln erschließbare Wohnebenen oberhalb eines steinernen, durch die Hanglage getreppten Sockels aufeinanderstapelt. Die mittlere Ebene ist der Hüttenwirtfamilie vorbehalten, oben und unten befinden sich jeweils zwei Schlafräume für das Personal.
Der Turm sei von örtlichen Temporärsiedlungen inspiriert, die zu den ältesten Wohnbauten des Kantons Graubünden gehörten, erklären die Planenden. Ein Argument für die Bauform sei auch die kleine Grundfläche gewesen. Anders als die historischen Wohntürme, die mit dicken Natursteinmauern ausgeführt waren, entspricht die Sockelstärke jener der Strickwand und misst lediglich 12 Zentimeter. Statt einer Betonplatte ist der Boden des Erdgeschosses in Stampflehm ausgeführt. Unterschiedlich große, unregelmäßig verteilte Fensteröffnungen schreiben die Bauart fort. Im Gegensatz zur alten Hütte wurden die traditionellen, einer üblichen Blockbauweise entsprechenden Eckvorstöße aber bündig ausgeführt. Für Stabilität sorgen außerdem Metallstangen in den vier Turmecken, die den Holzbau mit dem massiven Sockel verbinden. Mit Blick auf schwere Erschütterungen sorgt dies für zusätzliche Standsicherheit.
Der Ort als Ganzes wird außerdem von einem neuen Erddamm geschützt, der die von Murenabgängen ausgehende Gefahr reduzieren soll. Zu den Maßnahmen im gesamten Ensemble gehörten auch die Modernisierung der Energieversorgung über ein Kleinstwasserkraftwerk im nahegelegenen Bach und eine Photovoltaikanlage auf dem Turmdach. Das Abwasser wird vor Ort durch einen Wurmkompost und ein pflanzenbesetztes Klärbecken gereinigt. Eine neue Eindeckung der Bestandsdächer mit handgespaltenen Schindeln aus Lärchenholz sowie umfassende Renaturierungsmaßnahmen im Umfeld der Bauten ergänzen den jüngsten Eingriff. (sab)
Fotos: Laura Egger
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Vom Bauen in den Bergen erzählten wir auch in der Baunetzwoche#605.
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