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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Hotel_und_Ausgrabungsstaette_im_suedtuerkischen_Antakya_von_Emre_Arolat_7166274.html

16.03.2020

20.000 Tonnen Stahl überm Mosaik

Hotel und Ausgrabungsstätte im südtürkischen Antakya von Emre Arolat


Eigentlich wollte Familie Asfuroğlu auf ihrem 17.000-Quadratmeter-Grundstück in Antakya einfach ein dreistöckiges Fünf-Sterne-Hotel bauen. Das war 2009 und die Gelegenheit schien günstig. Antakya liegt im Süden der Türkei, unweit der syrischen Grenze. Nach Aleppo sind es gerade mal 100 Kilometer. Damals, vor elf Jahren und vor dem syrischen Bürgerkrieg, war das eine günstige Lage, Wirtschaft und Tourismus boomten. Die archäologische Untersuchung des Grundstücks war Routine, brachte dann aber alle Arbeiten zum Erliegen.

Insgesamt 30.000 Objekte von 13 Zivilisationen wurden gefunden, darunter griechische, römische, byzantinische, arabische und ägyptische Stücke. In der fünften Schicht kamen Fundamente des antiken Antiocchia zum Vorschein und mit ihnen das mit 1.050 Quadratmetern wohl weltgrößte zusammenhängende Mosaik aus dem 4. Jahrhundert, das unter anderem eine Pegasus-Darstellung aus 160 verschiedenen Farben enthält.

Kurz: Die Asfuroğlus mussten ihre Pläne grundlegend ändern. Mit den Architekt*innen von Emre Arolat (Istanbul) erarbeiteten sie eine Kombination aus Hotel und Freiluftmuseum, bei der die Gästezimmer über dem Ausgrabungsgelände liegen. Die Architekten vergleichen die Idee des Gebäudes mit einer jener Schutzhütten, wie sie bei Grabungen als Witterungsschutz üblich sind – nur größer.

Im Erdgeschoss liegt das Museum, das über Brücken, Rampen und Stege einen Parcours durch die Ausgrabung bietet. Darüber erhebt sich das Hotel als mächtiges Stahlgerüst. Im ersten Stock liegt die Lobby, die mit einem gläsernen Boden und einem „inneren Balkon“ ebenfalls Sichtkontakt zu den Ausgrabungen hält. Darüber schließen drei Stockwerke mit 185 Hotelzimmern und 15 Suiten an — alle sind als eigenständige Stahlmodule in das Gerüst geschoben und durch offene Flure und Stege mit den Aufzugs- und Treppenanlagen verbunden. Um die Idee eigenständiger Raumkapseln zu betonen, kragen die Module unterschiedlich weit aus, was an einen Schrank mit unordentlich halboffenen Schubladen erinnert.

Mehr als 20.000 Tonnen Stahl wurden insgesamt verbaut, die Gesamtkosten geben die Architekten mit umgerechnet 108 Millionen Euro an. Zu den größten Herausforderungen dieses Projektes gehörte natürlich die Statik. Die 66 Rundsäulen aus Stahl-Hohlprofilen wurden in den Lücken zwischen archäologischen Funden positioniert. In der Mitte des Grundstücks verläuft ein altes Flussbett, das nach der Bergung aller Funde ebenfalls als Position für einige Stützen genutzt werden konnte. Die Verankerungsschächte mussten aus Vorsicht mit der Hand 25 bis 30 Meter tief ins Gelände gegraben werden. Statt Klimaanlagen kühlt ein passives Ventilationssystem die Zimmer. Auf dem Dach sind zudem Terrassen, ein Spa, ein Veranstaltungsraum und Restaurants platziert. Nach über zehnjähriger Planungs-, Ausgrabungs- und Bauzeit eröffnete das Museum Hotel Antakya 2019. (fh)

Fotos:
Cemal Emden, Studio Majo, Emre Dörter


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