Im Kleinen liegt das Feine, rufen uns die Betreiber eines neuen Hotels auf ihrer Website entgegen. Gemeint ist zum einen die Gegend: das Saarland. Aber zum anderen auch der konkrete Bauplatz: zwischen Eichenwald und Seeufer, fernab jeder größeren urbanen Struktur. Die Hauptstadt Saarbrücken liegt eine Dreiviertelstunde Autofahrt entfernt. Im zweitkleinsten Bundesland bedeutet das schon: JWD, janz weit draußen.
Genau dort, hinter den sieben Bergen der Mittelgebirgslandschaft Naturpark Saar-Hunsrück haben GRAFT ein Hotel entworfen. Wie die Großstädter aus Berlin und Kuratoren des diesjährigen deutschen Beitrags zur Venedig-Biennale nach Gonnesweiler ins Sankt Wendeler Land kamen? 2011 wurden sie mit drei weiteren Büros zu einem Mehrfachbeauftragungsverfahren geladen, ausgelobt von der Hotel Kultur GmbH & Co. KG, dem künftigen Hotelbetreiber. GRAFTs Entwurf für das Wellness- und Naturresort „Seezeitlodge“ am Ufer des Bostalsees überzeugte.
100 Zimmer und Suiten auf 12.860 Quadratmetern Geschossfläche sind so im letzten Jahr entstanden. Die Innenausstattung kommt von Nicolay Design (Stuttgart), das 70.000 Quadratmeter große Grundstück haben Ernst Partner Landschaftsarchitekten (Trier) gestaltet. Die Architekten von GRAFT verpassten dem Bau die zentrale Richtung: Sie setzten den Baukörper zwischen Wald, Wiese und See. Zurückgezogenheit pur – oder wie es die Eigentümer auf ihrer Webrepräsentanz ausdrücken: „Der Grundgedanke? Do not disturb!'“ Deshalb gilt auch: Wer rein will, muss klingeln.
Drei Vollgeschosse in massiver Bauweise entstanden auf dem kleinen Hügel. Beziehungsweise darin: Das gesamte Erdgeschoss mit Restaurant, Verwaltung und 2700 Quadratmeter großem Spa wurde unterirdisch angelegt. Darüber: der zweigeschossige Riegel mit Hotelzimmern, umlaufend mit Holzlamellen verkleidet. Was jetzt braun erscheint, wird sich durch den Verwitterungsprozess im Laufe der Zeit in ein silbriges Grau verwandeln. Quer zum See stehend, soll von allen Zimmern aus ein Blick aufs Wasser ermöglicht werden. Die spektakulärste Sicht gibt’s natürlich von den Suiten am Kopfende.
Im zweistelligen Millionenbereich liegen die Baukosten, die die Eigentümerfamilie in den Neubau investiert hat. Die Familie stammt aus der Region, zu Geld gekommen mit der Produktion von Tiefkühlpizzen. Heute betreiben die Tochter und ihr Mann das Wellnesshotel – und besinnen sich damit wieder auf alte Familientraditionen: Schon die Großeltern hatten einen Gasthof im Saarland. (kat)
Fotos: Michael Moser, Airteam
Zum Thema:
Mehr Architektur in und um Saarbrücken in der Baunetzwoche #501
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Mainzer | 30.06.2020 10:34 Uhrmassive Aufwertung...
... der noch jungen Ferienregion Bostalsee!
GRAFT Architekten bilden hier einen (ge-)wichtigen Gegenpol zu der doch sehr heterogenen Architekturqualität in der Umgebung. Wer es denn geschafft hat, diesen Ort persönlich zu besuchen, spürt die Qualitäten und die sehr gelungene Verknüpfung von indoor und outdoor. Auch jenseits des Kelten-Themas ein besonderer Ort ...