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12.11.2020

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Gedenk- und Lernort für NS-Opfer

Hoskins Architects gewinnen Wettbewerb in Wolfsburg


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In den 1930er Jahren als „vorbildliche, deutsche Stadt“ angelegt, ist die niedersächsische Stadt Wolfsburg heute mit ihrer NS-Vergangenheit konfrontiert. Seinerzeit entstand sie für die Arbeiter*innen des neugegründeten Volkswagenwerks, in dem ursprünglich die KdF-Wagen produziert werden sollten. Im südwestlichen Teil der Stadt, nur drei Kilometer entfernt vom Volkswagenwerk, lag das KZ-Außenlager Laagberg, in dem tausende Zwangsarbeiter interniert wurden. Nach Kriegsende wurden die Baracken erst umgebaut und als Wohnungen weitergenutzt, bis das Gelände durch die Bresauer Straße geteilt wurde und seit Anfang der 2000er Jahren überwiegend leer steht.

2014 stellte der Rat der Stadt Wolfsburg den Bebauungsplan für das Areal auf, der die Umgestaltung des Ortes und Errichtung von Neubauten vorsah. Doch im Zuge archäologischer Ausgrabungen kamen die Fundamente der ehemaligen Gefangenenbaracke zutage. Obwohl die Grundstücksfläche im Vergleich zu der ursprünglichen Größe des ehemaligen KZ-Außenlagers recht klein ist und daher nur einen Teil der historischen Topografie abbilden kann, entschloss sich die Stadt eine Gedenkstätte mit Bildungsort zu errichten und lobte einen nichtoffenen Wettbewerb aus.

Da das Gelände bereits in dem Maß verändert und überformt ist, dass die Baracken selbst nicht mehr erkennbar sind, sollte das Areal laut Auslobung zuerst „ein Ort der Besinnung und des Schweigens werden“. Darüber hinaus war der zentrale Bestandteil des Wettbewerbs die Gestaltung von Freiflächen und die Vermittlung von Informationen im Außenraum. Der gewünschte Neubau sollte vor allem einen „Raum für die Erörterung drängender politischer und gesellschaftlicher Fragen bieten“ und respektvoll mit dem Thematik umgehen.

Insgesamt 15 Büros haben an dem Wettbewerb teilgenommen. Unter Vorsitz von Hilde Lèon vergab das Preisgericht im September 2020 drei Preise und zwei Anerkennungen:


  • 2. Preis: Kusus + Kusus Architekten mit Albert Armbruster Büro für Landschaftsarchitektur (beide Berlin) und Wangler & Abele (München)

  • 3. Preis: ACME (Berlin) mit Kieran Fraser Landscape Design (Wien) und Atelier Schubert (Stuttgart)

  • Anerkennung: Und Mang Architektur mit BEM Burkhardt Engelmayer Mendel und Sehen + Verstehen – Peter Götz (alle München)

  • Anerkennung: TRU Architekten mit capattistaubach urbane landschaften und chezweitz (alle Berlin)


Den Siegerentwurf von Hoskins Architects würdigt das Preisgericht als eine Arbeit, die „ihre große Stärke in der Grundkonzeption der freien Zugänglichkeit der Ausstellung im Außenraum und der im Inneren des Gebäudes angesiedelten Seminarräume“ zeigt. Dabei überzeuge das Projekt vor allem dadurch, dass es den Besucher*innen die Möglichkeit eröffne, „eine interaktive Auseinandersetzung mit dem ehemaligen KZ-Außenlager vorzunehmen“. Auch der Umgang mit dem Außenraum und die Ausstellungsgestaltung lobte die Jury.

Den zweitplatzierten Entwurf von Kusus + Kusus Architekten empfindet die Jury als „überzeugend und gelungen“, da es vor allem städtebaulich angemessen auf die vorhandene Lagerstruktur reagiere. Sowie die Maßstäblichkeit und die innere Organisation des Gebäudes als auch die Sichtbarmachung der Wachtürme und der Baracken durch Intarsien der Grundrisse fand die Jury überzeugend, ebenso das freiräumliche Gesamtkonzept und die Ausstellungsgestaltung.

Der Entwurf von ACME überzeugt das Preisgericht „durch ihre klare und konzeptionell schlüssige Grundidee“. Die starke Verknüpfung von Gedenkstätte und Freiraumkonzept wird äußerst positiv bewertet, obwohl der Umgang mit der angrenzenden Waldkante kritisch gesehen wird. Auch in der Hinsicht der Wirtschaftlichkeit und die Gestaltung des Ausstellungsraums wird das Projekt zwiespältig diskutiert, wobei es insgesamt als selbstbewusste Arbeit herausstach. (mg)


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

7

Junger Architekt | 13.11.2020 12:20 Uhr

Fassungslos

Ich bin einfach nur noch erschüttert. Was sind denn das für schlechte Ergebnisse. Wer wählt die Teilnehmer aus? Warum gab es keinen offenen Wettbewerb? Wurden junge Teilnehmer zugelassen? Im Studium wären wir mit diesen Entwürfen nicht weit gekommen.

6

Ulknudel | 13.11.2020 10:09 Uhr

@reto

So habe ich es mir auch gedacht. Vielen Dank für Ihre Antwort.

5

reto | 13.11.2020 08:56 Uhr

@nudel

Nein, nicht missverstehen. So ein Gedenkort MUSS ja geradezu mit dem Unschönen konfrontieren. Ich fand nur die Idee, ausgerechnet die Barackensilhouette als Blick ins Freie zu gestalten, fehl am Platz. Die Baracke war ja das genaue Gegenteil von Freiheit - verstehste? Vielleicht als geschlossener Körper in einer Glasfassade? Genau so der Wachturm - klar gabs den und der muss gezeigt werden, aber außen an die Fassade geklebt wirkt er wie Micky Maus um schon mal Lust drauf zu machen was dich gleich im Disneyland erwartet.

4

STPH | 12.11.2020 19:20 Uhr

...

ich finde die Stelle mit LIDL und Straßenkreuzung so hybrid, dass man diese demonstrativ ausgrenzen muss mit einer profanen Betonmauer aus Fertigteilen
bündig entlang dem Gehsteig, die Straßenbäume auch innen. Dort nur der Himmel.

Oder ein historisch geformter Stacheldrahtzaun als Perspektivwechsel von außen nach innen durch den Zaun.
Übrigens hat der LIDL genau die Barackenform. Vielleicht den LIDL und seinen strengen Parkplatz wie einem Antreteplatz mit einem riesen Stacheldraht Höhe 20m ergänzen. Dahinter dann als Double die wirkliche Baracke.

3

Ulknudel | 12.11.2020 18:24 Uhr

@reto

Sollen unschöne Vorstellungen denn vermieden werden? Geht es nicht auch um Konfrontation?

2

reto | 12.11.2020 17:16 Uhr

Fenster

@Robert: ja, gerade die Kontur der Baracke als Ort der Gefangenschaft hier - quasi invertiert - als Öffnung ins Freie einzusetzen scheint mir auch mehr als zweifelhaft. Verkommt so etwas dann nicht zum schnöden Dekoelement? Genau so übrigens wie der Wachturm. Für mich eine Unschöne Vorstellung.

1

Robert Zimmermann wundert sich über | 12.11.2020 15:58 Uhr

die Nachzeichnung der Baracke

Ich würde mir hier eine Diskussion über dieses Thema wünschen.

In beiden Entwürfen, die dieses Thema aufgreifen stellt sich bei mir ein Unbehagen ein. Ist es angemessen aus diesem Thema eine Fassadenöffnung zu stricken, die als vordergründige Schmuckform das Profil der Baracke nachzeichnet? Welche Aussage wird hiermit eigentlich genau getroffen?

 
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1. Preis: Hoskins Architects mit guba+sgard Landschaftsarchitekten und Ralph Appelbaum Associates

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2. Preis: Kusus + Kusus Architekten mit Albert Armbruster Büro für Landschaftsarchitektur und Wangler & Abele

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3. Preis: ACME mit Kieran Fraser Landscape Design und Atelier Schubert

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Anerkennung 1: Und Mang Architektur mit BEM Burkhardt Engelmayer Mendel und Sehen + Verstehen – Peter Götz

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