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26.04.2022

Möbel unter künstlichen Baumkronen

Holzbau-Showroom von Ludloff Ludloff in Bad Schönborn


Gewerbegebiete sind nicht zwingend die Orte, an denen man hochwertige Architektur erwarten würde. In diesem Sinne ist das Areal am südlichen Stadtrand von Bad Schönborn, auf halber Strecke zwischen Karlsruhe und Heidelberg gelegen, ab morgen eine Ausnahme. Dann eröffnet der lokale Möbelhersteller nämlich seinen neuen Showroom, für dessen Entwurf Ludloff Ludloff Architekten zuständig waren. Das Berliner Büro ging dabei in mehrfacher Hinsicht neue Wege.

Das Gebäude zeigt sich nach außen von einfacher Eleganz. Mit abgerundeten Ecken besetzt es die südöstliche Seite des Firmengrundstücks, gegenüber und südlich liegen die Parkplätze von zwei großen Supermärkten und einer Drogerie. Der Showroom ist ebenfalls von stattlicher Größe: 40,5 Meter lang, 36 Meter breit und 6,20 Meter hoch. Dafür ist die Fassade aus Lärchenbrettern – geölt und mit Eisenoxid geschwärzt – und einem milchigen, 2,25 Meter hohen Oberlicht angenehm zurückhaltend gestaltet. Wenn das Polykarbonat abends zu leuchten beginnt, denken Passant*innen vielleicht eher an eine Sporthalle.

Der Neubau wird von Norden betreten, wo ein flacherer Vorbau die Nebenräume aufnimmt. Daneben führt eine langsam ansteigende Rampe ins Innere. Hinter einer großformatigen Drehtür öffnet sich ein konischer Raum, der in eine 910 Quadratmeter große 5,50 hohe Ausstellungshalle mündet. Die Holzdecke wird von sieben auffälligen Y-Stützen getragen, die im Abstand von bis zu 14 Metern zueinander stehen. Diese Gabelstützen bestehen aus je zwei Bumerang-förmigen Profilen, die in ihrer Größe gerade noch vorgefertigt und ohne Sondertransport zur Baustelle transportiert werden konnten. Die Maße der sehr schlanken Stützen betragen am Fußpunkt 8 auf 12 und am Beugepunkt 12 auf 26 Zentimeter.

Auffällig ist auch die Decke, die zusammen mit dem Tragwerksplaner Andreas Külich realisiert wurde, mit dem die Architekt*innen seit vielen Jahren zusammenarbeiten: Dank der von innen aufgesetzten Holzrippen wird aus der 16 Zentimeter starken Brettsperrholzdecke ein mehrachsig gespanntes Plattenbalkentragwerk. Es ist eine extrem materialsparende Konstruktionsweise, die Ludloff Ludloff schon bei einer Mensa auf dem Tempelhofer Feld (entwickelt zusammen mit Arup) erstmals ausprobiert hatten und damit den Berliner Holzbaupreis 2019 gewinnen konnten. Da die Stöße der vorgefertigten Deckenelemente genau in den Momentennullpunkten sitzen, werden dort nur Schubkräfte übertragen, sodass eine einfache diagonale Verschraubung als Verbindung ausreicht. Die innere Wandbekleidung besteht aus kostengünstigen, weiß lasierten Dachlatten.

„Nicht in einem ,White Cube‘, sondern vor einem ,atmosphärischen Hintergrund‘ werden die Kollektionen präsentiert“, schreiben die Architekt*innen. Zusätzlich zu dem gleichmäßig diffusen Tageslicht sind zwischen die Holzrippen an der Decke Leuchtkörper verteilt. In der Decke sitzen sechs kreisrunde Oberlichter, 1,20 Meter im Durchmesser. „Die punktuell angeordneten Oberlichter werfen schattiges Licht durch die ,künstlichen Baumkronen‘ und es entsteht eine Innenwelt, die bewusst Assoziationen mit Naturräumen wach ruft“, heißt es in der Projektbeschreibung. Am 27. April wird der Neubau eröffnet. (fh)

Fotos:
Jan Bitter, Ludloff Ludloff Architekten und ophelis group GmbH 


Zu den Baunetz Architekt*innen:

Ludloff Ludloff Architekten


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