Fast 85 Jahre alt war I. M. Pei, als in Berlin das Richtfest für seine Erweiterung des Deutschen Historischen Museums gefeiert wurde – und selbstredend war der schon immer recht reisefreudige chinesisch-amerikanische Architekt auch anwesend. Wer allerdings dachte, dass sich Pei in diesem gesegneten Alter schon bald auf einen ruhigeren Lebenswandel besinnen würde, lag falsch. Obwohl er bereits 1990 aus seinem noch heute existierenden Büro Pei Cobb Freed & Partners ausgeschieden ist, macht er seither einfach weiter. Ein Museum in Luxemburg entstand zwischenzeitlich ebenso wie eines in seiner Heimatstadt Suzhou und ein weiteres in Doha. Und in Macao baute er mit seinen beiden Söhnen Chien Chung und Li Chung Pei und deren Büro Pei Partnership Architects ein Science Center.
Heute wird Pei, der die meiste Zeit seines Lebens in New York verbachte, 100 Jahre alt und es wäre müßig, angesichts der vielen vorangegangenen Jubiläen noch einmal all seine Verdienste aufzuzählen. Interessant ist aber, dass seine Bauten heute wieder viel frischer wirken, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. Denn obwohl eigentlich der Spätmoderne zuzurechnen – in der New York Times wurde er 1989 sogar als der letzte Hohepriester der Moderne bezeichnet –, hatten doch im Rückblick viele seiner Gebäude mit ihren geometrischen Grundformen und spiegelnden Glasfassaden einen recht postmodernen, zumindest nicht gerade zeitlosen Touch. Doch eine Komposition wie seine Rock and Roll Hall of Fame in Cleveland wirkt mit ihrer gekachelten Hülle längst wieder, als könnte sie auch als Inspiration für die Hardcore-Architektur des einen oder anderen jüngeren belgischen Büros dienen.
Die Würdigungen, die Pei nun angesichts seines außergewöhnlichen Ehrentags erreichen, variieren dabei bemerkenswert, je nachdem, welcher Aspekt seines Werkes herausgegriffen wird. Als Meister des Lichts (Tagesspiegel) und der skulpturalen Solitäre (NZZ) wird er beschrieben oder sein Bauen für so unterschiedliche Auftraggeber wie die Kennedys, Mao Tse-tung, François Mitterrand, Helmut Kohl oder den Emir von Qatar herausgestellt (FAZ). Sogar religionsphilosophische Erörterungen zu seiner Verbindung von östlichem und westlichem Denken sind zu finden (SZ). Was jedoch in den meisten Beiträgen Erwähnung findet, ist das ruhige und entspannte Wesen des auf Fotos oft breit lächelnden Architekten – was nicht nur seinen Erfolg bei Bauherren, sondern auch sein hohes Alter erklären dürfte. Happy Birthday, I. M. Pei. (sb)