Die Weser ist die Lebensader Bremens. Bis heute gelten der Fluss und die Hafenanlagen als Quelle städtischer Identität, auch wenn der Großteil des Warenumschlags längst in Bremerhaven erledigt wird. Wegen dem Flächenverbauch ihres industriellen Erbes gilt die
Überseestadt heute als eines der
größten innerstädtischen Entwicklungsgebiete Deutschlands. Auf der bis in die 1990er Jahre rein industriell und gewerblich genutzten Halbinsel, die durch Weser und Hafenbecken gebildet wird, wächst zentrumsnah ein gemischtes Stadtquartier. Künftig werden hier bis zu 11.000 Bewohner wohnen und 18.000 Menschen arbeiten. Zum Schutz vor Hochwasser und als Abschluss des neuen Viertels hat das Berliner Büro
A24 Landschaftsarchitekten am Rand der Halbinsel eine eine Hochwasserschutzanlage als Stadtpark gestaltet. Die ohnehin notwendige Schutzfunktion sehen die Architekten als Chance, einen einzigartigen urbanen Ort entstehen zu lassen, der das Zeug hat, zu einem Fixpunkt im Stadtleben zu werden.
Die Anlage mit Namen Waller Sand umfasst die gesamte nordwestliche Abschlusskante des Entwicklungsgebiets. Hierzu gehört auch eine Mole mit historischem Leuchtturm. Das Rückgrat und den baulich wesentlichen Teil der Anlage bildet eine weit in die Tiefe reichende Spundwand, die als Deichkrone fungiert und oberirdisch von beiden Seiten als Sitzbank ausgearbeitet ist. Zusätzlich zur bereits vorhandenen, rein funktionalen Steinschüttung wurde Sand aufgebracht. Auf einer Fläche von drei Hektar entsteht so eine großzügige Strandlandschaft, die genügend Platz für Freizeitgestaltung bietet.
Südlich der Spundwand entlang des Gustaf-Erikson-Ufers ist auf dem sogenannten Deichverteidigungsweg ein Boulevard entstanden, der zum Flanieren einladen soll. Ein Netz aus Holzbohlenwegen führt barrierefrei über die Sandfläche Richtung Hafenbecken, wo ein gepflasterter Uferweg den Strand abrupt beendet. Vom Wasser wird man dann durch die technisch leider notwendige Steinaufschüttung getrennt. Mit durchschnittlich vier Metern hat die Weser nämlich den höchsten Tidenhub Norddeutschlands. Den Klimawandel im Blick mussten die vorhandenen Deiche und Schutzanlagen entsprechend des 2007 verabschiedeten Generalplans Küstenschutz bereits um einen Meter erhöht werden.
Wer nun also zum Wasser wollte, müsste über die nicht gerade zum Aufenthalt einladende Steinböschung, die aber natürlich deshalb so ungemütlich ist, weil sie Hochwasser und den ständigen Tidenhub aushalten muss. Doch halt: Wegen des Schiffsbetriebs im Hafen ist das Baden hier ohnehin nicht erlaubt. Im Hochsommer locken also vermutlich andere Ausflugsziele, denn Abkühlung sucht man hier vergeblich – auch wenn die Strohschirmchen immerhin Beachfeeling versprechen. Mit dem Waller Sand ist aber trotzdem ein besonderes Projekt entstanden, das zu den geförderten „Nationalen Projekten des Städtebaus“ gehört.
(tl)
Fotos: Hanns Joosten
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