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20.12.2022
Kunst im Kontext
Hochschulbau von aR+ in Ottersberg
Ein Kunststudium beginnt klassischerweise mit dem Umzug in eine Großstadt. Im niedersächsischen Flecken Ottersberg östlich von Bremen bietet eine private Hochschule hingegen seit 1967 kunstnahe Studiengänge in ländlicher Abgeschiedenheit an. Zwischen Landwirtschaft und Moor sowie in enger Kooperation mit Institutionen umliegender Städte können Studierende kunsttherapeutische ebenso wie theater- und tanzpädagogische Konzepte erarbeiten und erproben, denn die HKS Ottersberg ist den Künsten im Sozialen gewidmet.
Ihr 50. Jubiläum nahm die Schule zum Anlass, die auf zwei Standorte verteilten Räumlichkeiten auf dem Campus an der Großen Straße zu bündeln und mit neuen Räumen der stetig wachsenden Anzahl Studierender zu entsprechen. Zudem galt es, die Lossagung vom anthroposophischen Ursprung der HKS baulich zu manifestieren. Im 2016 ausgelobten Werkstattverfahren konnten sich aR+ architecture Related (Berlin) durchsetzen. Über einen Zeitraum von drei Monaten hatten Andreas Oevermann und Team ebenso wie vier weitere geladene Büros ihre Entwürfe offen mit einer Fachjury und der sogenannten Baugruppe aus Professor*innen, Mittelbau und Studierenden der Hochschule diskutiert und weiterentwickelt.
Im Sommer 2022 konnten zwei der drei geplanten Bauabschnitte eingeweiht werden: Entstanden ist ein 12 bis 13,50 Meter schlanker, mittig leicht geknickter Riegel entlang der westlichen Grundstücksgrenze, der im nördlichen Teil das Forschungsgebäude und im südlichen Abschnitt das Seminar- und Verwaltungsgebäude aufnimmt. Der dritte Bauabschnitt, ein eigenständiges Audimaxgebäude mit weiteren Tanzstudios, soll die durch Bestand und Additionen eröffnete Hofsituation komplettieren, wartet derzeit jedoch noch auf die Finanzierung.
Der zu 90 Prozent über Fördergelder des Landes finanzierte, der Forschung gewidmete Gebäudeteil ist aufgrund seiner auffälligen, quer verlaufenden Sheddächer deutlich im Langhaus ablesbar. Hier befinden sich die Forschungsbibliothek, Büros und eine Medienwerkstatt im Erdgeschoss, Studios für die Tanz- und Theaterstudiengänge im 1. Obergeschoss sowie drei Ateliers für die Bildende Kunst im 2. Obergeschoss. Große, unregelmäßig angeordnete Fenster durchziehen die Fassade. Der zweigeschossige Mittelteil beherbergt im Erdgeschoss das große Atelier für die künstlerische Grundlehre sowie zwei Seminarräume, im Obergeschoss liegen Büros und Serviceeinrichtungen.
Auch der dreistöckige Kopfbau ist mit Sheddächern versehen, die längs angeordnet, den Eingang in die Hochschule markieren. Die von den Studierenden selbst gestaltete, ebenerdige Cafeteria ist Ausdruck des partizipativen Vergabeverfahrens, in dem die architektonische Autorschaft teils den Nutzer*innen übertragen wurde. Das zweite und dritte Geschoss nehmen weitere Seminarräume und einen Hörsaal auf. Die zusammenhängenden Wandpartien im verglasten Verbindungsgang dienen als optionale Präsentationsfläche für Arbeiten der Studierenden.
Das mit 9,5 Millionen recht schlanke Baubudget schlägt sich in der Detailierung des Innenausbaus nieder. Sämtliche Installationen im veredelten Rohbau wurden auf den Wänden ausgeführt. Nach außen allerdings zeugt die dreieckig gefaltete Metallverkleidung der in Petrol gehaltenen Fassaden von großer Sorgfalt und verstärkt das Selbstverständnis, mit dem der knapp 19.000 Quadratmeter fassende Neubau den noch deutlich von den architektonischen Ideen Rudolf Steiners geprägten Bestand ergänzt – und die Kunsthochschule in ihrem ländlichen Kontext neu verankert. (kms)
Fotos: Hans-Christian Schink, Wenke Wollschläger, Andreas Oevermann
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