Wenn die Städte immer dichter werden, muss es in die Höhe gehen. Doch zugleich drängt sich zunehmend der Eindruck auf, dass die alten Hochhaustypologien definitiv nicht mehr genügen, wenn es darum geht, urbane Mischung für breite Bevölkerungsschichten in die Städte zu bringen. Ambitionierte Projekte wie etwa das Hochhaus WoHo in Berlin-Kreuzberg versuchen, neue Wege zu gehen: Anfang letzten Jahres gewannen Mad arkitekter (Oslo) und Mud (Bergen) den Wettbewerb des Investors UTB für ein Hochhaus, das die viel gerühmte „Berliner Mischung“ auf knapp 100 Metern stapeln möchte – selbstverständlich als zeitgemäße Holzhybridkonstruktion.
In eine ähnliche Richtung weist auch der Entwurf von Haptic Architects (London/Oslo) in Zusammenarbeit mit dem international tätigen Beratungs- und Planungsunternehmen Rambøll. Ihr Projekt Regenerative Highrise ist ein hochgradig ambitionierter Initiativentwurf für die Osloer Innenstadt ohne konkrete Umsetzungsperspektive. Eine hochfliegende Architektur-Utopie weit jenseits des Machbaren ist der Entwurf jedoch nicht. Damit unterscheidet sich das Hochhauskonzept für Oslo beispielsweise vom kürzlich veröffentlichten Entwurf eines 170 Kilometer langen, verspiegelten Hochhauses für Saudi Arabien, das mutmaßlich von Morphosis entworfen worden sein soll.
Grundidee des Hochhauskonzepts in Holzhybridbauweise ist ein robustes Raster dreigeschossiger Einheiten, die individuell ausgebaut werden können. Für dieses tragende System findet man in den Plänen und Texten sowohl den Begriff „metastructure“ als auch „superstructure“. Hinsichtlich des Ausbaus sprechen die Planer*innen nicht nur von ein bis zwei Zwischenebenen, sondern auch von „Kapseln“. Damit das alles auch machbar ist und sich das Haus entsprechend der Wünsche und Bedürfnisse seiner Nutzer*innen verändern kann, gibt es auf dem Dach eine „maintenance unit“. Deren herausragendes Element ist ein Kranarm, mit dessen Hilfe der Ausbau erfolgen soll. Fast scheint es, als ob hier endlich die Utopie der legendären Plug-in City verwirklicht werden soll, die Archigram in den späten Sixties in London zeichnete.
Regenerative Highrise ist eine Synthese aus Holz- und Modulbau, wobei die Flexibilität des Moduls in die Vertikalität des Hauses urbane Lebendigkeit hineinzaubern soll. In den publizierten Plänen und Bildern sind dementsprechende Nutzungen notiert und visualisiert: Gewerbe, Büro, gemeinschaftsorientierte Nutzungen, bezahlbares aber auch hochpreisiges Wohnen sollen übereinander gestapelt werden und ein heterogenes, sich immer wieder veränderndes Erscheinungsbild schaffen. Die Planer*innen sind überzeugt, dass das Haus für die „nächsten Jahrhunderte zukunftssicher“ sei. Das ist eine mutige Aussage. Aber wenn das Haus auch nur ein Jahrhundert lang stünde, wäre schon viel gewonnen. (gh)
Zum Thema:
Einen Initiativentwurf für ein experimentelles Hochhauskonzept stellten im letzten Herbst auch SOM (New York) vor. Ihr Urban Sequoia setzt auf den Kamineffekt eines im Gebäudekern liegenden Schachts und will über Algen tonnenweise CO2 binden.