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24.10.2022

Rheinischer Reißverschluss

Hochhaus in Düsseldorf von J. Mayer H. und Partner


Seit den 1950er-Jahren steht der Mannesmann-Turm am rechten Düsseldorfer Rheinufer. Nach Plänen von Paul Schneider-Esleben errichtet, folgt das Bürohochhaus einem internationalen Stil, dem sich die großen Konzerne nach dem Zweiten Weltkrieg als einer ‚Angestelltenmoderne‘ bedienten. Die Nüchternheit der Architektur korrespondiert dabei mit dem Wesen eines Organisationsmenschen, der – als vorherrschender Beschäftigtentypus der Nachkriegsjahrzehnte beschrieben – einem Zahnrad im Unternehmensgetriebe gleichkam. Dem ganz anders gearteten Subjekt der Spätmoderne könnte hingegen das neue Hochhaus am gegenüberliegenden Ufer entsprechen, das auf einen Entwurf von J. Mayer H. und Partner zurückgeht.

Im Zuge der seit zehn Jahren andauernden Transformation des Dominikus-Krankenhauses sind auf dem Klinikareal im linksrheinischen Stadtteil Heerdt verschiedene Wohnbauten entstanden. Gemäß eines Wettbewerbsergebnisses aus dem Jahr 2012 wurde zudem das organisch durchformte Hochhaus des Berliner Büros erbaut. Mit medizinischen Nutzungen, die im sechsgeschossigen Sockel untergebracht sind, soll es unter anderem das Versorgungsangebot des benachbarten Hospitals ergänzen.

Auf den darüberliegenden Geschossen bietet der Turm hingegen ein Boardinghouse, in dem sich Einraumwohnungen ebenso wie Einheiten für Familien und ein community center befinden. Traten die Bürobeschäftigten der Vergangenheit nach durchstandenem Acht-Stunden-Tag die Autofahrt in die Vororte an, könnte der Weg vom Arbeitsplatz zur (temporären) Wohnstatt hier also mit dem Aufzug zurückgelegt werden. Dem heutigen Bedürfnis, sich in seinem einzigartigen Wesen wie auf einer Bühne zu präsentieren, dürften dabei vor allem die instagramtauglichen Penthouses an der Turmspitze Genüge tun – vorausgesetzt natürlich, dass die dazu erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung stehen.

Mit den Bürohochhäusern der Nachkriegsdekaden teilt der nach seinem Standort am Rheinkilometer 740 benannte Neubau indessen die Fensterbänder. Wie aber schon bei einem Hochschulgebäude, das ebenfalls nach einem Entwurf des Büro in Düsseldorf-Pempelfort errichtet worden war, findet sich dabei jegliche lineare Strenge aufgelöst. So ist das Hochhaus in perforierte Metallelemente von wechselnder Höhe gekleidet, die an die Zähne eines Reißverschlusses denken lassen. Die dahinterliegenden Räume nehmen sich dadurch mal offener, dann wieder geschützter aus. Schließlich möchte selbst der Mensch des 21. Jahrhunderts, stets bemüht, die eigene Besonderheit öffentlich unter Beweis zu stellen, nicht alles von sich preisgeben. (ree)

Fotos: David Franck, Lars Gruber


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J. MAYER H. und Partner


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