Der Witz bei diesem Umbau, so Andreas Hild zum BauNetz, sei, „dass man kaum sieht, was schon da war und was wir gemacht haben“. Eine interessante und eigenständige Auseinandersetzung mit denkmalpflegerischen Grundsatzfragen, finden wir.
Die Architekten Hild und K. (München) erläutern gut nachvollziehbar ihr Entwurfskonzept: „Im November 2007 wurde nach zwei Jahren Bauzeit die Sanierung des ungefähr 40 km nördlich von München gelegenen Schlosses Hohenkammer abgeschlossen. Die Münchener Rückversicherung hatte das historische Gebäude, das sich in ein weitläufiges Ensemble von Wirtschaftsgebäuden und um das Schloss gruppierten Villen einfügt, gekauft, um es als internationales Begegnungszentrum zu nutzen.
Die Bauaufgabe gestaltete sich vor allem deshalb so anspruchsvoll, weil vorangegangene Jahrzehnte recht unsensibel mit einem der wenigen erhaltenen Renaissance-Wasserschlösser im altbayerischen Raum umgegangen waren: Eine Sanierung in den 70er Jahren hatte das Schloss nahezu auf den Rohbau zurückgeführt, selbst die meisten Holzbalkendecken waren durch Stahlträger mit aufgelegten Porenbeton-Elementen ersetzt worden. Angesichts dieser irreversiblen Zerstörungen wäre jeder Versuch zum Scheitern verurteilt gewesen, einen ursprünglichen historischen Zustand zu definieren und das Gebäude auf diesen zurückzuführen.
Das didaktische Konzept klassischer Denkmalpflege, das auf der scharfen Trennung von Alt und Neu beruht, ließ sich schon mangels historisch bedeutsamer Substanz kaum anwenden. Die Münchner Architekten verwischten stattdessen wie mit dem Weichzeichner die Grenzen zwischen Alt und Neu, entschieden sich für eine atmosphärische Angleichung. Wie in einer fotografischen Langzeitbelichtung verschmelzen die unterschiedlichen Zeitebenen zum einheitlichen Ganzen. Das Sanierungskonzept macht so die Trennung zwischen ‚hergebracht‘und ‚modern‘ obsolet. Es zollt damit der Erkenntnis Tribut, dass Geschichtliches niemals exakt wiederherstellbar ist, weil es immer nur durch den Filter der Gegenwart wahrgenommen werden kann.
Es war erklärtes Ziel von Andreas Hild und Dionys Ottl, dem Gebäude seine geschichtliche Würde zurückzugeben. Deshalb wurden Umbauten weitgehend zurückgenommen oder umformuliert. Unzerstörte historische Fragmente wurden sorgfältig erhalten. Im Rahmen einer Purifizierung der Mittel kamen die eher archaisch eingesetzten Materialien Putz, massives Holz und Naturstein zum Einsatz. Dem Ansatz, eine Brücke zwischen Alt und Neu zu schlagen, kommt auch die künstlerische Gestaltung der Innenräume entgegen. In der Tradition der Renaissance sind diese mit Wandmalereien – florale Motive von Martin Schwenk im Schloss, eine Arbeit von Lawrence Weiner in der alten Kapelle – geschmückt.
Gleichzeitig war in den historischen Kontext ein hochmodernes Konferenzzentrum zu implantieren. Komplexe Anforderungen an Technik, Elektrik und Klima machten umfangreiche Eingriffe notwendig. Die notwendigen Einbauten wurden dabei soweit als möglich in den Hintergrund gedrängt. Eine neue Raumorganisation auf historischem Grundriss schafft mehr Weite und wirkt mit ihren eingefügten Zwischenräumen kommunikationsfördernd. Dem historischen dreigeschossigen Hof mit umlaufendem Umgang fällt hierbei eine zentrale Aufgabe zu.“
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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Querschnitt1 | 20.02.2008 21:26 UhrLob für Architektur als Langzeitbelichtung
Die plausible Beschreibung der Schwierigkeiten und deren Aufloesung durch die Symbiose von alt und neu beweist doch Kenntnisse der historischen Bauweisen und Farbgebungen. Die Farbe weiss ueberbrueckt die Gegensaetze der Epochen und führt durch die "belichtete Groesse und Weite" der Anlage zu Respekt, Leichtigkeit und Wohlbefinden.
Bitte mehr davon.
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