Im Bezirk Harringay im Norden Londons stehen, wie in so vielen Wohngebieten der englischen Hauptstadt, Seite an Seite schmale viktorianische Reihenhäuser. In einem dieser charakteristischen Straßenzüge bekam die Rückseite eines Hauses eine eingeschossige Erweiterung. Das Office S&M (London) hat das „Overcast House“ entworfen, das Küche und Essraum erweitert und einen neuen Atelierraum für die Bauherrin schafft. Ähnlich wie bei ihrem Reihenhaus im Londoner Osten bedienen sich die Architekt*innen auffälliger Komplementärkontraste und frischer Trendfarben.
Dazu passt, dass sich die Bauherrin bei diesem Thema sehr gut auskennt, da sie als Farbberaterin und Grafikdesignerin tätig ist. Bisher hatte sie ihr Atelier auf der nach Süden ausgerichteten Vorderseite des Hauses. Dort bereitete ihr aber das wechselhafte Licht große Schwierigkeiten, eine verlässliche Farbanalyse durchzuführen. Der Projektname „Overcast House“ verweist auf die Grundidee, mit dem Anbau eine schützende Hülle zu schaffen, die den neuen Raum mit einem gleichmäßigen und konstanten Licht versorgt.
Die Architekt*innen planten für dieses Ziel eine Art Mini-Sheddach: Die sägezahnförmig angeordneten Oberlichter lassen über den ganzen Tag hinweg gleichmäßiges Nordlicht einfallen. Ein weiteres flaches und etwas tiefer liegendes Oberlicht wurde so platziert, dass es durch den Bestandsbau geschützt wird. Damit knüpft das Projekt an klassische Ateliertypologien an, die sich ebenfalls das diffusere Nordlicht zunutze machen.
Die Erweiterung wurde in Holzbauweise errichtet. Als Fassade erhielt sie rot eingefärbte Betonfertigteile, die speziell für das Projekt entwickelt wurden. Mit der wie ein Ziegeldach anmutenden Hülle orientieren sich die Architekt*innen am Bestand. Gleichzeitig schaffen sie aber auch einen eigenständigen Baukörper, dessen Äußeres sie aufgrund seiner Struktur als „Schattenfänger" bezeichnen – die Erhebungen werfen auch bei fehlender direkter Sonne leichte Schatten. Akzente in Komplementärkontrast setzen S&M durch Fenster- und Türrahmen sowie ein Regenwasserrohr in dunklem Grün.
Im Inneren wurde viel Wert darauf gelegt, dass der Weg vom Eingang zum Atelier als neutraler Raum gestaltet wird – hier verschwinden Duschraum, Toilette und Küchenschränke aus dem Blickfeld. An den Wänden soll Goldfarbe das kältere Nordlicht wärmend ausgleichen, heißt es in der Projektbeschreibung. Die dezenten Töne werden durch Trendfarben aufgemischt: Während die Stahlträger in einem frischen Neo Mint – Pantone-Farbe 2020 – erstrahlen, fanden im Badezimmer Fliesen in Millennial Pink – Pantone-Farbe 2018 – Verwendung. (dsm)
Fotos: Megan Taylor
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STPH | 04.06.2021 17:43 Uhrwie funktioniert ein Anbau?
Interessante typisch Londoner Aufgabe, hier mit Seitenflügel. Damit Erweiterungen keine Verdunkelungen werden also sofort und zwar allseits wo möglich Oberlicht.
Das Raumgleichgewicht dann durch Betonung der neuen Außenwände, etwa Ziegel, im interessanten Schlaglicht von oben. Das Geh- und Sichtfenster zum Garten darin gerahmt. Also moderne Trennung von Licht- und Sichtöffnung.
Ähnlich funktioniert ein Innenhof.