Die dichtgedrängten zwei- bis vierstöckigen Bauten in der beliebten Einkaufsstraße Sunamachi Ginza in Tokio vereinigen traditionellerweise mehrere Funktionen: Im Erdgeschoss meist ein Restaurant oder Geschäft, darüber Büroflächen und die Wohnung der Eigentümer*innen. Mit der funktionalen Trennung moderner Stadtplanung galt dieses Konzept als nicht mehr zeitgemäß, bei vielen Neubauten fehlte darum diese Mischung. Sugawaradaisuke Architects (Tokio) knüpfen mit ihrem Light Surface House nun wieder an diese Idee an und bringen Arbeiten, Leben und Gemeinschaft unter einem Dach zusammen.
Der zweistöckige Neubau mit gut 93 Quadratmetern Geschossfläche besticht durch die differenzierte Staffelung von öffentlichen, halböffentlichen und privaten Räumen. Zunächst bildet schon die Rückversetzung des Gebäudes in der engen Gasse einen kleinen, für die Allgemeinheit zugänglichen Vorplatz. Der Bau selbst präsentiert sich mit einem besonderen architektonischen Fassadenelement: Ein transparenter Vorhang, der im Wind weht und Blicke ins Innere gewährt. Erst ein Stück dahinter sorgt eine gläserne Schiebetür dafür, dass ungebetener Besuch nicht weiter in das Haus vordringen kann.
Eine wichtige Rolle beim Übergang zwischen außen und innen spielte schon in der traditionellen japanischen Wohnarchitektur der Doma, ein halboffener Raum, der als Werkstatt, Küche oder Lagerraum Verwendung findet. Außerdem ziehen Bewohner*innen und Besucher*innen hier ihre Schuhe aus, bevor sie in den Innenraum eintreten. Sugawaradaisuke machen diesen hier über zwei Etagen führenden Raum zum Begegnungsort. Je nach Situation kann er wahlweise mit dem Stadtraum kommunizieren oder mittels weiterer Vorhänge und Glasschiebetüren zum Rückzugsort werden.
Hinter dem Doma erstreckt sich im Erdgeschoss die offene Küche, die entweder als privates Wohn- und Esszimmer oder als Community Café genutzt werden kann. Die beiden Schlafzimmer für Eltern und Kinder befinden sich im Obergeschoss und sind über eine einfache Holztreppe im hinteren Bereich zugänglich. Diese beiden Räume hängen gewissermaßen in der Dachkonstruktion – und lassen damit an die legendären „Movenets“ von Kiyonori Kikutake denken.
Die Idee der Bauherren und Architekten, Flexibilität zu gewährleisten, wäre ganz im Sinne des Großmeisters des Metabolismus gewesen: Denn wenn die Kinder erst aus dem Haus sind und die beiden Räume im Obergeschoss für den Privatgebrauch ausreichen, kann sich das Erdgeschoss umso stärker der Nachbarschaft öffnen. (stu)
Fotos: Daisuke Sugawara
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STPH | 21.11.2019 08:04 Uhr...
interessant immer die Schlitze zwischen den Häusern, die aber garnicht einbezogen werden. Hier liegt das spezifische und eine Herausforderung.