Wo früher Autos abgebogen sind, kann man seit kurzem stilvoll auf Bus und Tram warten – so lässt sich der Umbau am Mainzer Münsterplatz mit der neuen Haltestelle des lokalen Büros Schoyerer Architekten_SYRA zusammenfassen. Die besagte Bus- und Tramhaltestelle ist jedoch nur ein Element von vielen. Denn bei den vor einigen Wochen abgeschlossenen Umbauten in der Mainzer Innenstadt ging es um eine umfassende Aufwertung des öffentlichen Raums.
Im Jahr 2015 gewannen die Architekten in Arbeitsgemeinschaft mit Bierbaum.Aichele_Landschaftsarchitekten (Mainz/Frankfurt) den Wettbewerb für die Umgestaltung von Bahnhofstraße, Binger Straße und Münsterplatz. Die Aufwertung der Straßenräume ist Teil eines übergeordneten städtebaulichen Konzepts, die City für Fußgänger attraktiver zu machen und besser an den Hauptbahnhof anzubinden. In diesem Zusammenhang wurde die Bahnhofstraße zu einem „Boulevard“ ausgebaut und verkehrsberuhigt, indem das letzte Stück der Straße kurz vor dem Münsterplatz für den Individualverkehr gesperrt wurde. Hier dürfen nur noch Bus und Tram fahren.
Der Umgestaltung des Münsterplatzes am östlichen Ende der Straße kommt damit besondere Bedeutung zu. Der amorphe Platzraum kann als typisches Produkt der Nachkriegszeit gelten, als fließende, autogerechte Straßenführung als Nonplusultra. Diese massiven Eingriffe konnte man bei den aktuellen Planungen in Mainz zwar nicht rückgängig machen, aber die neue Haltestelle ist ein gelungener Versuch, den Platz angenehmer zu gestalten und den Fußgängern wieder Raum zu geben.
Das weithin sichtbare Zeichen dieser Bemühungen ist das elegante, silbern glänzend Dach der Haltestelle, unter dem das farbig verkleidete Toilettenhäuschen liegt. Knapp 150 Quadratmeter Fläche überspannt es. Die flachen, pyramidalen Dachelemente ruhen auf acht Stützen aus Edelstahl – ganz ähnlich wie bei einer Haltestelle in Frankfurt, die Schoyerer Architekten vor einigen Jahren realisiert haben. Die Tragswerkplanung verantwortete osd office for structural design (Frankfurt am Main). Die Architekten betonen, dass die Dachelemente statisch wirksam sind, denn „die Kantungen der Stahlflächen übernehmen zugleich die Funktion des Dachtragwerks inklusive Dachaussteifung“. Die Flächen sind gleichermaßen Deckenuntersicht und oberseitig wasserführend Schicht. Das Toilettenhäuschen unterhalb des neuen Dachs wurde mit farbiger Folienverglasung umhüllt. (gh)
Fotos: Marc Nehrbaß / Schoyerer Architekten_SYRA
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Schneider | 29.05.2018 09:14 UhrGelungen!
Wer den "Münsterplatz" mit seinem städtebaulich extrem suboptimalen Nachkriegs-Kontext kennt, der kann ermessen, welche besondere Aufwertung und zugleich funktionsgerechte Akzentuierung hier den beteiligten Architekten gelungen ist.