Die kalifornische Start-up-Kultur ist bekanntlich
eng mit Hallen-Tyologien verwoben, während in Europa eher alte Gewerbehöfe für kreative Neugründungen genutzt werden. In Toulouse vereinen sich aktuell beide Themen in einem Projekt von
Taillandier Architectes Associés, die ihren Sitz in der südfranzösischen Stadt haben. Finanziert durch die Région Occitanie, wurden die historischen
Les Halles Latétoère für die Nutzung durch junge Unternehmer*innen umgebaut. Wo einst Flugzeuge entstanden, geht es heute um kollaborative Wissensarbeit.
Der Standort der Hallen hat mit dem Ursprung der französischen Luftfahrtindustrie im Südosten von Toulouse zu tun. Unter anderem wurden hier Flugzeuge des Luftpostdienstes Aéropostale gefertigt, dem Antoine de Saint-Exupéry in seinem Roman
Nachtflug ein Denkmal setzte. Die Hallen wurden seit ihrem Bau Anfang des letzten Jahrhunderts mehrfach maßgeblich verändert und bis Ende der 1980er Jahre für Produktionszwecke genutzt. Auf Grund ihrer historischen Bedeutung und der erhaltenen Substanz stehen sie heute – zusammen mit weiteren Zeugnissen der Umgebung wie der einstigen Start- und Landebahn von Aéropostale einige hundert Meter weiter südlich – unter Schutz.
In enger Zusammenarbeit mit der örtlichen Denkmalbehörde entwickelten Taillandier Architectes eine Strategie der differenzierten Erhaltung. Bei allen Bauteilen wurde genau abgewägt, welche Zeitschicht zu bewahren ist, und was verändert werden kann. Elemente aus der Frühzeit der Hallen sind darum ebenso ablesbar wie ein Großteil der architektonischen Anpassungen aus der Nachkriegszeit. Die Dächer wurden in ihrer Kubatur erhalten, aber komplett erneuert und mit einer dünnen Dämmschicht an heutige Bedürfnisse angepasst. Die zeitgenössische Hauptfassade mit ihren Bögen aus gebogenen Lamellen sind von der ursprünglichen, später entfernten ornamentalen Dekoration der Hallen inspiriert.
Der Umbau umfasst knapp 13.000 Quadratmeter Nutzfläche, die unter dem Titel
La Cité als Coworking-Spaces, Konferenzräume, Auditorium, multifunktionale Eventbereiche, Restaurant, Werkstätten und Fablab genutzt werden. Ein Großteil des Programms kommt in akustisch entkoppelten Holzeinbauten in den seitlichen Hallen unter. Die mittlere Halle wurde hingegen weitestgehend offen belassen, so dass sich hier noch der ursprüngliche Raumeindruck einstellt. Lediglich im Mittelteil errichteten die Architekt*innen einen Treppenbau, der den rückwärtigen Eventbereich vom begrünten Foyer abtrennt.
(sb)
Fotos: Roland Halbe
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auch ein | 05.08.2021 07:58 Uhrarchitekt
sehr beeindruckende Umsetzung!
mal was Neues sind die Sonnenschutzbleche an den Stirnfassade, die durch ihre Ausformung auf die früheren Bögen hinweist. Ein Eindruck den man sofort auch ohne Erläuterung im Text hat.