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15.06.2021
Mehr Wohnraum im Kinder- und Jugenddorf
Häuser in Seckach von Ecker Architekten
Das Kinder- und Jugenddorf Klinge im Kreis Neckartal-Odenwald ist eine besondere pädagogische Einrichtung. Es ist ein Gegenentwurf zum klassischen Kinderheim mit seinem Schichtbetrieb: Das Dorf ist eine Lebensgemeinschaft. Die 160 Kinder im Alter zwischen drei und 18 Jahren, die nicht in ihren Familien leben können, finden hier eine Struktur, die der einer Familie möglichst nahekommen soll. Die besondere Pädagogik verwirklicht sich dadurch, dass die Hausleitungen mit den acht Kindern und Jugendlichen einer Wohngruppe unter einem Dach zusammenleben. Ecker Architekten (Buchen und Heidelberg) haben dem Ort, der seit seiner Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg mit Schul- und Freizeiteinrichtungen, Wohnhäusern und einer Kirche zu einem tatsächlichen Dorf herangewachsen ist, nun zwei weitere Häuser hinzugefügt. Bauherr ist der gemeinnützige Klinge e.V.
Das Haus zu einem Heim, einem Zuhause zu machen, diesen emotionalen Prozess versuchten Ecker Architekten in ihre zwei Wohnhäuser zu überführen. Das tiefsitzende Steildach ist daher das – vielleicht anachronistische, aber besonders warme und heimgebende – Grundmotiv ihrer zwei Bauten. Die Architekt*innen verbinden diesen Archetyp eines Hauses mit drei Turmbauten. Diese sind signalhaft ausgeformte Funktionsräume, die je zwei Treppenhäuser für die Hausleitung und den Kinderbereich aufnehmen und als thermischer Kamin fungieren. An die Bauten reformpädagogischer Landheime aus dem frühen 20. Jahrhundert erinnernd, entsteht schließlich eine ländlich-großzügige und zugleich verwinkelte Architektur.
Die beiden Wohnhäuser umschließen einen gemeinsamen Hof, ein Spielschuppen ergänzt das Ensemble. Das Langhaus ist für eine, das U-förmige Haus für zwei Wohngemeinschaften ausgelegt. Insgesamt 1.850 Quadratmeter Nutzfläche und zusätzliche überdachte Terrassen stehen allen zur Verfügung: Die gemeinschaftlichen Funktionen im Erdgeschoss, die privaten Zimmer im Obergeschoss und ein großer Hobbyraum unter dem Dach. Ein Großteil der Kinder besitzt ein eigenes Schlafzimmer, die Räume unter der Dachschräge sind jedoch für zwei Betten angelegt. Ebenfalls im Obergeschoss liegt ein Bereitschaftszimmer für die vier pädagogischen Fachkräfte, die jede Hausleitung unterstützen. Für die Hausleitungen selbst entwarfen die Architekt*innen separate Wohnungen im Obergeschoss. Mit einer eigenen Terrasse verfügen diese auch im Außenbereich über einen Rückzugsort. Trotzdem sind die Wohnungen gemäß pädagogischem Konzept für die Dorfkinder und -jugendlichen direkt zugänglich.
Ecker Architekten planten die Wohnhäuser als reine Holzbauten in Holzrahmenbauweise. Die innere Raumschale der Außenwände sowie die Geschossdecken sind in einer Diagonal-Dübelholzkonstruktion errichtet. Größere Spannweiten bewältigten die Architekt*innen mit V-Stützen, die Tragwerksplanung übernahmen Merz Kley Partner (Dornbirn). Es gibt keine abgehängten Decken oder Installationsebenen, die Konstruktion bleibt für die Bewohner*innen ablesbar. Alle Wohnhäuser sind mit Fußbodenheizung ausgestattet und an ein Nahwärmenetzwerk nahe der Dorfschule angeschlossen, das ebenfalls von Ecker Architekten geplant wurde und mit nachwachsenden Rohstoffen versorgt wird. (sj)
Fotos: Brigida González
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Mit Steildächern und Turmbauten verbinden Ecker Architekten historische Motive auf reduzierte Weise.
Die Turmbauten nehmen die gesetzlichen Fluchtwege und Treppenhäuser auf und fungieren auch als thermischer Kamin.
Das Steildach ermöglicht einen zusätzlichen Hobbyraum unterm Dach.
Damit sie nicht vergilbt, ließen Ecker Architekten die Holzverkleidung innen mit einem UV-Schutz behandeln.
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