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05.12.2016

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Kollektives Erstaunen

Grundsteinlegung für Bauhaus-Museum in Dessau


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Mit seinem „ästhetischen Werkstattcharakter“, meint Stiftungs-Vorsitzende Claudia Perren, entspräche es nicht nur dem Bauhaus-Gedanken, sondern auch dem „Selbstverständnis der jungen Architektengeneration: weg von der Repräsentation hin zu einem interagierenden Haus mit viel Raum für Experimente“. In Dessau wurde am Sonntag der Grundstein für das neue Bauhaus-Museum gelegt. Nach zwei ersten Preisen im Wettbewerb war vor einem Jahr das spanische Büro González Hinz Zabala beauftragt worden, den Neubau im Park als gläserne Hülle mit eingeschlossener „Black Box“ im Obergeschoss umzusetzen.

Geschickt gewählt ist der Termin der Grundsteinlegung im Rahmen des Festwochenendes zum 90. Geburtstag des Dessauer Bauhausgebäudes von Walter Gropius. Die historische und ideelle Bedeutung dieses „gebauten Diagramms des Curriculums der Schule“, wie Regina Bittner, die stellvertretende Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau, die Architektur nannte, bietet Inhalte für die „offene Bühne“, die das transparente Erdgeschoss des Neubaus darstellen soll. Gemeinsam mit der Bauabteilung der Stiftung unter Leitung von Frank Assmann haben die Architekten den Entwurf konkretisiert und dabei unter anderem „eine überzeugende Lösung für die Klimatisierung im Zusammenspiel mit der Glasfassade entwickelt“. In den Visualisierungen für das 25-Millionen-Euro-Projekt sind nun Vorhänge über die Höhe der gesamten Fassade sowie Verschattungselemente im Dach zu erkennen.

Die 40.000 Ausstellungsstücke der Bauhaussammlung in der „Black Box“ unterzubringen bedeutet, dass in der äußeren Betrachtung nicht die komplexen Inhalte, sondern ihre Effekte im Vordergrund stehen. Diese Metapher aus der Systemtheorie passt zu einem Bauhaus, dessen ideelle Wirkung sich nicht zuletzt durch die erzwungene Migration verselbstständigt hat. Im Prozess der Rezeption einer nicht mehr praktizierenden Schule wurden nicht nur die physischen Zeugnisse unterschiedlich interpretiert, sondern auch bestimmte inhaltliche Tendenzen gegenüber anderen hervorgehoben. Der internationale Erfolg der architektonischen Konzepte einiger Bauhaus-Lehrer betont rationalistische und funktionalistische Aspekte einer im künstlerischen Bereich wesentlich differenzierteren avantgardistisch-modernen Bewegung.

Der Gropiusbau „übersetzt für seine Zeitgenossen die Ideen der Moderne in eine physisch erfahrbare Materialität“, sagte Regina Bittner. Die Festrede des Kulturwissenschaftlers Helmut Lethen beschreibt „kollektives Erstaunen“ angesichts mehrerer Lehrfilme zu Naturwissenschaft und Technik anlässlich der Eröffnung im Jahre 1926. So erzählt, fügt sich die Geschichte des Dessauer Bauhauses zur Wiedereröffnung am 50. Geburtstag 1976 im Sinne des „Bauwirtschaftsfunktionalismus“ in den Kontext des damaligen DDR-Städtebaus ein. In den 1990er Jahren begann die Musealisierung des Bauhauses mit der Ernennung zum UNESCO-Welterbe. Die Moderne galt als abgeschlossen oder gescheitert. Und doch sagt die Pressemitteilung der Bauhaus-Stiftung heute: „Dessau baut modern.“

Trotzdem wird mit dem Neubau weiter musealisiert. Die zeitgenössische totale Transparenz der Glashalle muss aus klimatischen Gründen eingeschränkt werden, das in der „Black Box“ eingeschlossene Bauhaus wird teilweise verhüllt. Was genau ist eigentlich dieser eine „Bauhaus-Gedanke“, dem das Museum entspricht? Im Gegensatz zum Gropiusbau, dessen Architektur erst in der Bewegung vollends erfahrbar wird, lässt sich der Neubau – obwohl „weg von der Repräsentation“ angeblich sein Leitgedanke war – in einem Bild begreifen. Man möchte sagen: wie heute üblich. Hat das internationale Wettbewerbsverfahren seinen Zweck erfüllt? Wird die Transparenz-Metapher wirklich als „offene Bühne bis in den Park und Stadtraum hinein wirken“?

Kann es überhaupt gelingen, aus dem über die Jahrzehnte festgeschriebenen Narrativ zur Bedeutung des Bauhauses auszubrechen und aus dem Scheitern eines ersten modernen „Anlaufs“ zu lernen, vielleicht andere Aspekte der modernen Bewegung wiederzuentdecken und weiterzudenken? Das Bauhaus Dessau bemüht sich neben dem umfangreichen Kooperationsprogramm mit Weimar und Berlin zum 100-jährigen Jubiläum auch mit einem Residenzprogramm, den aktuellen Diskurs um die gesellschaftliche Bedeutung von Architektur und Kunst zurück an die historische Wirkstätte zu holen. Claudia Perren, die auch selbst in der Wettbewerbsjury saß, ist jedenfalls überzeugt, dass „das Bauhaus Museum Dessau ein sehr lebendiger und offener Ort werden wird.“ (dd)


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

1

Andrea Palladio | 06.12.2016 12:21 Uhr

Das Haus …

… ist irgendwie immer noch eine todlangweilige Kiste.

 
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