Der Große Kunstpreis 2019 der Berliner Akademie der Künste, in diesem Jahr vergeben von der Sektion Baukunst, geht an die französische Architektin und Stadtplanerin Renée Gailhoustet. Mit dieser Entscheidung würdigt die Jury – bestehend aus den Architektinnen Irina Raud und Almut Grüntuch-Ernst sowie Anh-Linh Ngo, Autor und Mitherausgeber der ARCH+ – das Lebenswerk der 1929 im algerischen Oran geborenen Baumeisterin, die sich bereits vor gut 50 Jahren mit Fragen auseinandersetzte, die bis heute nichts an Dringlichkeit verloren haben: Wie können Verdichtung, Durchmischung und Bezahlbarkeit bei gleichzeitiger Wohnqualität gelingen? Wie kann eine soziale, nachhaltige Stadtentwicklung aussehen?
Mit ihren Terrassenhäusern und gemischt genutzten Wohntürmen in der Pariser Banlieu setzte Gailhoustet der Tristesse des funktionalistischen Massenwohnungsbaus der Nachkriegszeit ein wegweisendes Gegenmodell entgegen, das privates Wohnen und öffentliches Leben neu zusammenführte und dabei den Fokus auf kommunikative Strukturen und urbanes Grün legte. Insbesondere in Ivry-sur-Seine, wo sie 1969 zur Chefarchitektin und leitenden Stadtplanerin berufen wurde, wirkte sie prägend. Zu ihren wichtigsten Werken gehören die Wohntürme Raspail (1963–68) und Jeanne Hachette (1972–75) mit Läden, Künstlerateliers und Werkstätten, beide vom französischen Kulturministerium als Kulturerbe des 20. Jahrhunderts ausgezeichnet sowie die Terrassenensembles Le Liégat (1971–82), Marat (1971–86) und La Maladrerie (1975–86). Obwohl sie zu den engagiertesten Vertreterinnen einer kritischen Moderne zählt, stand Gailhoustet nicht zuletzt aufgrund der engen Zusammenarbeit mit ihrem Partner Jean Renaudie lange Zeit in dessen Schatten. Umso erfreulicher ist die jetzige Auszeichnung ihrer Arbeit durch die Akademie.
Der mit 15.000 Euro dotierte Große Kunstpreis wurde 1948 in Erinnerung an die März-Revolution von 1848 vom Berliner Senat gestiftet und wird jährlich von der Akademie der Künste vergeben, wobei sich die Sektionen turnusmäßig abwechseln. Zusammen mit dem Großen Kunstpreis werden auch die sechs Kunstpreise Berlin mit jeweils 5.000 Euro in jeder Sektion verliehen. In der Sektion Baukunst geht die Auszeichnung dieses Jahr an die dänische Architektin Dorte Mandrup.
Die diesjährige Preisverleihung durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller und Akademie-Präsidentin Jeanine Meerapfel findet am Montag, 18. März 2019 um 19 Uhr im Akademie-Gebäude am Pariser Platz statt. (da)
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matilde | 28.01.2019 19:01 Uhrrenee gailhoustet
herzlichen glueckwunsch, freut mich sehr
in arch+ 231 spricht renee gailhoustet ueber ihre arbeit
sehr schoen und kein grund zum jammern frau (en) architekt