Mit seiner Auswahl an filmischen Gebäudemonografien und Beiträgen zur Stadt könnte das Milano Design Film Festival durchaus die Architektur im Namen tragen. Formal entfällt dieser Teil des Festivals jedoch auf das Wettbewerbsprogramm um den AFA Award für Architekturfilme, der am letzten Sonntag verliehen wurde. Vergab das Festival zusammen mit der Architektenkammer Mailands im letzten Jahr die Auszeichnung an ein heiteres SANAA-Roadmovie durch Tokio, prämierte die Jury dieses Mal einen kritischen Beitrag über Äthopien. Bei dem wird Architektur zur Metapher für oft blutige Kämpfe um Identitäten.
AFA Award: „Rift Finfinnee“
Daniel Kötter begibt sich mit „Rift Finfinnee“ in die Peripherie der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba und entwickelt dort eine Erzählung über das Urbanwerden afrikanischer Gesellschaften am Rande des Bürgerkriegs. Streng komponierte Bilder und weite Kameraeinstellungen verbindet er mit einer komplexen Tonspur, in der Gespräche der Bewohner*innen miteinander verwoben sind. Kötter, der bereits 2016 mit einer Doku über die Peripherie von Teheran den Deutschen Kurzfilmpreis gewann und sich auch als Theaterregisseur urbanen Themen widmet, dokumentiert an diesem Ort die Folgen eines rasanten Stadtwachstums für das Zusammenleben. Vier Siedlungen sind ihm dafür ein Beispiel: Das Dorf Dingaja, die Sozialwohnungssiedlung Bole Arabsa, die mittelständischen Ayat Apartments und die Gated Community CCD Homes. Eine einzige Fußgängerbrücke überspannt einen Graben zwischen den Siedlungen, der Teil des Großen Afrikanischen Grabenbruchs ist und nicht nur die geografische und administrative Grenze zwischen Stadt und Land bildet. Vielmehr symbolisiert er eine Kluft, hinter der sich blutige Kämpfe abspielen können. Wer die Brücke überquert, um sich auf der anderen Seite niederzulassen, trifft stellvertretend eine Entscheidung für die Zukunft eines ganzen Kontinents.
Rift Finfinnee sei aufgrund seiner empathischen Machart „ein Werk der kulturellen Inklusion“, urteilte die Jury des Wettbewerbs, der auch die Kuratorin Nina Bassoli, die letztjährigen Preisgewinner Béka & Lemoine sowie der Filmkritiker Roberto Escobar angehörten. Kötter zeige eine spezifische Situation, die zu einer universellen emotionalen Reise werde.
Rift Finfinnee Daniel Kötter
Deutschland 2020, englische Untertitel
79 Minuten
zukünftig streambar via: www.danielkoetter.de Weiterer Tipp aus dem Festivalprogramm: „Battleship Berlin“„Denkmalschutz kann brutal sein“, kommentiert Regisseur Nathan Eddy seine Dokumentation zum Berliner Mäusebunker. Der Film über das berüchtigte ehemalige Tierversuchslabor (siehe hierzu die letzte
Baunetzwoche#585) ist jetzt eine Woche frei streambar. Ein cooler Kampffilm, in dem neben viel Beton auch Politiker*innen, Denkmalschützer*innen, Architekt*innen oder Student*innen auftreten und ihre Vorschläge über eine ökologisch wie ökonomisch nachhaltige Nachnutzung des brutalistischen Baus vermitteln. Nathan Eddy hat übrigens Erfahrung auf diesem Terrain: 2017 organisierte er mit Erfolg die
Proteste gegen Snøhettas Umbaupläne für einen postmodernen Wolkenkratzer von Philip Johnson und John Burgee, dem denkmalgeschützte AT&T Building in New York.
Battleship Berlin
Nathan Eddy
Deutschland 2021, Deutsch mit englischem Untertitel
44 Minuten
frei streambar bis 31. Oktober 2021: www.koenig.art
Text: Sophie Jung
Zum Thema:
Das Milano Design Film Festival fand vom 21. bis 24. Oktober 2021 statt. Das ganze Programm unter: www.milanodesignfilmfestival.com
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schlawuki | 27.10.2021 20:06 Uhrja, hallo
ja, wo sind denn hier eure kommentare, liebe berlinerinnen und berliner?
schaut ihr euch das nicht an, also ich meine mäusebunker und hygieneinstitut?
interessiert euch das nich?
der film ist gelungen, aber man muss das live sehen.
oder?
berlinerinnen und berliner?