Erstmals lobte die Wüstenrot Stiftung ihren Gestaltungspreis nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz und in Österreich aus. Die Ausweitung des Preises auf die deutschsprachigen Nachbarländer, mit dem die Wüstenrot Stiftung seit 1992 vorbildhafte Beiträge zur Baukultur würdigt, hat einen Grund: Thema dieses Jahr war der Umgang mit denkmalwürdiger Bausubstanz. Aus dem Vergleich über die Grenzen Deutschlands hinweg, verspricht sich die Wüstenrot Stiftung Erkenntnisse für ihre Arbeit, die in weiten Teilen der Denkmalpflege gewidmet ist.
Der Gestaltungspreis hat nicht nur in Bezug auf die Auslobung, sondern auch bei den prämierten Projekten dieses Jahr einen swiss turn eingelegt: Vier von fünf ausgezeichneten Projekten kommen aus der Eidgenossenschaft. Understatement, handwerkliche Präzision und Treue gegenüber dem historischen Vorbild haben bei der Jury offenbar besonders gezählt. Aus 748 Einreichungen prämierte das Preisgericht unter Vorsitz von Quintus Miller (Basel/Mendrisio) folgende Projekte:
- Gestaltungspreis: Stadtmuseum in Aarau (Schweiz), erweitert und saniert von Diener+Diener Architekten (Basel) mit Martin Steinmann (Aarau)
- Auszeichnung: Silvertower in Frankfurt am Main, saniert von schneider + schumacher (Frankfurt a.M.)
- Auszeichnung: Schulanlage Felsberg (bei Luzern) von Menzi Bürgler Architekten (Zürich) umgebaut und saniert
- Auszeichnung: Hallenbad City in Zürich, saniert und ertüchtigt von ernst niklaus fausch architekten (Zürich)
- Auszeichnung: Türalihaus in Valendas (Schweiz), von Capaul + Blumenthal Architects (Ilanz/Glion, Schweiz) revitalisiert
Den ersten Preis erhielt das
Stadtmuseum in Aarau, das
Diener+Diener Architekten gemeinsam mit
Martin Steinmann (Aarau) saniert und um einen monolithischen Neubau erweitert haben. Damit zeigten die Architekten die „ungewöhnliche intellektuelle Vielschichtigkeit in allen Aspekten des inhaltlichen Entwerfens“, lobt die Jury. Ihre gestalterische Leistung reiche von der erfolgreichen volumetrischen Stadtreparatur am ehemaligen Graben der Altstadt über den gelungenen Zusammenschluss von Alt und Neu bis zur sorgfältigen Integration von Stadtgrün im öffentlichen Raum.
Besonders überraschend ist der einzige Beitrag aus Deutschland: die Sanierung des Silvertowers aus den Siebzigerjahren – der noch gar nicht unter Denkmalschutz steht – durch
schneider + schumacher. Damit verweist die Jury auf die Denkmalwürdigkeit des Bankturms mit seiner charakteristischen Aluminiumfassade und zeigt auch, dass die Wahrung des Erscheinungsbildes von Hochhäusern der Siebzigerjahre nicht zwingend eine Rekonstruktion erfordert, sondern vielmehr eine Ertüchtigung der vorhandenen Materialität sinnvoll sein kann.
Das denkmalgeschützte Türalihus im schweizerischen Valendas lenkt die Aufmerksamkeit auch auf die sozialen Aspekte einer Revitalisierung historischer Bausubstanz. Das herrschaftliche Wohnhaus aus dem 15. Jahrhundert in einem Ort mit 300 Einwohnern konnte nur durch das gemeinsame Engagement von
Capaul + Blumenthal Architects mit dem Bürgerverein, dem Schweizer Heimatschutz und der zuständigen Denkmalpflege restauriert werden. Wie auch das Hallenbad City in Zürich von
ernst niklaus fausch architekten und die Schulanlage Felsberg in Luzern von
Menzi Bürgler Architekten zeigt sich bei diesem Projekt eine klare denkmalpflegerische Linie: minimale Eingriffe, handwerkliche Sorgfalt und behutsame Verschränkung von historischer Substanz mit zeitgenössischer Nutzung.
Vergeben wurden außerdem fünf Anerkennungen. Sie gingen an
driendl*architects (Wien) für die Generalsanierung des denkmalgeschützten Wiener Stadthallenbades, an
Westphal Architekten (Bremen) für den Umbau und die Umnutzung des
Schuppen Eins in der Überseestadt Bremen, an
RWPA | Rohrbach Wehrli Pellegrino Architekturagentur (Winterthur) für den Umbau des nicht denkmalgeschützten Gebäudes 118 auf dem ehemaligen Sulzer-Areal in Winterthur, an
Haberland Architekten (Berlin) für die
Ertüchtigung der Carl-Sonnenschein-Grundschule in Berlin und an
André Born Architekt (Bern) für die Sanierung der denkmalgeschützten Cäsa Cortini in Promontogno/Bondo in der Schweiz.
(sj)Fotos: © Wüstenrot Stiftung
Zum Thema:
Alle prämierten Projekte und die Begründung der Jury unter www.wuestenrot-stiftung.de
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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Daniel Jauslin | 02.11.2017 20:38 UhrToll
Das sind wirklich ,ausgezeichnete' Projekte - alle sind auch mutig und zeigen dass die Pflege von Baudenkmälern vor allem auch Kreativität, Ausdauer und präzises Denken verlangt. Danke der Stiftung dies zu honorieren!