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27.07.2012

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Konzeptkunst oder Scheußlichkeit?

Gespräch in München über Betonskulptur


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Noch bis zum 30. September erinnert die Betonskulptur „Marcel Duchamp. Le mystère de Munich“ auf der Südwiese der Alten Pinakothek in München an Duchamps Aufenthalt in der Stadt vor 100 Jahren. Der Entwurf des Bildhauers und Medienforschers Rudolf Herz ist die Rekonstruktion der Wohnung in der Barer Straße 65, in der der französische Künstler im Sommer 1912 für drei Monate lebte und arbeitete. Sie ist ausgeführt in Stahlbeton im Maßstab 1:1 und um 90 Grad gekippt.

Duchamp bezeichnete München später als „Ort meiner völligen Befreiung“.  Rudolf Herz schreibt: „Diese heute zerstörte Wohnung war mehr als eine Unterkunft, ich sehe in ihr die Wiege der Konzeptkunst.“

Was Konzeptkünstler sofort begreifen mögen, ist manchem Bürger ein Dorn im Auge. Schmierereien am Kunstwerk dokumentieren jedenfalls das Unverständnis manches Betrachters für diese „Scheußlichkeit“.

Somit stellt sich die Frage: „Was wird mit dem temporären Denkmal nach der dreimonatigen Ausstellungszeit am Architekturmuseum der TU München geschehen?“ So formuliert es jedenfalls die Architekturgalerie München in ihrer Einladung zu einem Gesprächsabend über die Zukunft der Skulptur am nächsten Dienstag. Es sprechen Rudolf Herz, Künstler, und Peter Ottmann, Architekt. Die Moderation hat Nicola Borgmann, Architekturgalerie München.

Termin: Dienstag, 31. Juli 2012, 20 Uhr
Ort: Südwiese der Alten Pinakothek bei der Skulptur, bei Regen im Vorhoelzer-Forum der TU München


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

11

Gustav | 06.08.2012 14:58 Uhr

Das gefällt mir.

Intelligent. Einfach. Wunderbar.

10

Andrea Palladio | 02.08.2012 11:07 Uhr

@Mario Mertens

Sehr geehrter Herr Mertens,

so sehr ich Ihren Einwand in gewisser Weise auch nachvollziehen kann, so wenig kann ich ihm zustimmen. Natürlich bezahlt der Bürger direkt und indirekt die Projekte und Bauten der öffentlichen Hand. Ihm deswegen aber ein Mitspracherecht zuzustehen, halte ich für vollkommen falsch. Wohlverstanden: Meinungen hat und soll jeder dieser Bürger haben, nur können diese im Planungsprozess nicht berücksichtigt werden. Dies scheitert nicht nur an der tatsächlichen Unmöglichkeit eines solchen Prozesses (die wenigen Versuche der 70er Jahre beschränkten sich ausschliesslich auf Wohnungsbauten und können ausnahmslos als missglückt angesehen werden), sondern auch an der Sinnlosigkeit eines solchen Unterfangens. Architektonische Projekte sind, vereinfacht gesagt, Manifestationen von Ideen. Und Ideen sind immer Leistungen des Individuums. Die Masse kann sich an einer Idee begeistern, leider eher selten an einer guten und noch seltener an einer neuen. Deshalb muss es Aufgabe der Politik sein, sich für Ideen, von denen Sie überzeugt ist (oder sich von den entsprechenden Leuten hat überzeugen lassen), entsprechend zu kommunizieren. Wir dürfen nicht vergessen, dass sehr viele Bauten, vor denen wir heute voller Bewunderung stehen, zum Zeitpunkt ihrer Entstehung hoch umstritten gewesen sind. Das Objekt, welches schon bei seiner Präsentation einhellige Zustimmung erntet ist selten. Ihm fehlen die Kanten, mit denen es aufstossen könnte. Und gerade das macht ein solches Projekt, zumindestens in meinen Augen, verdächtig.

9

Akki | 30.07.2012 17:01 Uhr

Wutbürger

Also ich finds klasse !

Was soll die Aufregung ? Es handelt sich doch um ein temporäres Kunstwerk. Soweit ich weiss ist auch nicht im Gespräch es dauerhaft ans Isartor zu schrauben....

Der Hochgestellte Grundriss verstösst gegen die Sehgewohnheiten und regt die Leute zum Denken an, nicht zuletzt vielleicht über den eigenen Grundriss und wie er hier aussähe, so hochkant in die Stadt gestellt. Auch ohne die Duchamp-Geschichte dahinter. Was will man mehr ?

Es wäre schön, wenn daraus eine Art Wanderausstellung würde, man könnte Ihn temporär in allen Städten aufstellen...
Wenn der eine oder andere Bürger seinen
Wut-Burger dranwirft... damit muss man wohl leben.

Ob er auf Dauer irgendwo für Jahrzehnte und länger stehen sollte, daran hab ich allerdings meine Zweifel, ich sehe die Wirksamkeit eher kurzfristig.

8

Mario Mertens | 30.07.2012 14:29 Uhr

Meinungen

''Wer hat denn jemals behauptet, dass gute Arbeiten gleichzeitig auch bei einer Mehrheit der Bevölkerung ankommen müssten? ''

Naja, wenn der Bürger das Gebäude oder die Kunst am bau bezahlen mus, dann will er nunmal mitreden. Wenn man dann mit dem Bürger so redet als wen ner eh nichts versteht dann muss man sich nicht wundern wenn man als arroganter Architekt bezeichnet wird.

Das ist auch der Unterschied zu Picasso und Van Gogh, wer das Bild nicht mag sieht es sich nicht an oder hängt es weg. Das ist bei Skulpturen im Stadtraum oder Gebäuden ja wohl schwer möglich. Die beiden Herren haben aus eigenem Antrieb geschaffen, beim Planer steht ein Auftrag dahinter, der dann i.d.R. 5 bis 6 stellige Kosten verursacht.

7

Andrea Palladio | 30.07.2012 08:57 Uhr

Wutbürger

Wer hat denn jemals behauptet, dass gute Arbeiten gleichzeitig auch bei einer Mehrheit der Bevölkerung ankommen müssten? Gerade da liegt doch ein weiteres Problem in der Mutlosigkeit vieler Jurysitzungen und in den Amtsstuben der Lokalpolitiker: die Angst davor, irgendwo anecken zu können.

Also, ich find's gut :-)

6

peter | 29.07.2012 23:06 Uhr

Konzeptkunst oder Scheußlichkeit

scheußlich? klar, weil es aus grauem beton ist.

was soll diese dummheit? rein formal sieht das doch ganz interessant aus, und die geschichte dahinter ist doch alles andere als scheußlich. wer das werk scheußlich nennt, outet sich nicht nur als grandioser banause, sondern offenbart auf ganzer breite seine kleinbürgerliche intoleranz.

eines _bürgers_ in unserem freiheitlich-demokratischen staat sind solche aussprüche nicht würdig - so reden allenfalls der pöbel oder die despotische aristokratie.

5

Daoud Breshna | 27.07.2012 19:28 Uhr

Die Kunst und der "Bürger"

Ich finde diese "Skulptur" nicht so schlecht, die Idee, Duchamps Wohnung aus dieser Perspektive darzustellen, aber im selben Massstab, ist doch weder sehr abgefahren, noch scheusslich. Die Bürger haben sich vermutlich wenig andere Kunst zugemutet, die weit mehr Unverständnis provoziert...

An "auch ein Architekt":

mit Verlaub, aber Kunst war noch nie für "das Volk", oder "den Bürger", heisst für die Masse.

Künstler haben doch immer schon das getan, was sie für richtig hielten, und haben konsequent durchgehalten, auch ohne mit ihrer Kunst, zu Lebzeiten, Geld zu machen. Beispiele gibt es ja genug. Ein sehr bekannter Maler, sei hier genannt: Van Gogh (der Arme verkaufte zu Lebzeiten ein einziges Bild und auch noch an seinen Bruder- heute kosten seine Gemälde bis zu 100 Millionen Dollar).

Und selbst wenn Künstler erfolgreich waren, so haben sie nie für die "Bürger" Kunst geschaffen. Die Kunst Picassos, der zu Lebzeiten schon erfolgreich war, finden vermutlich heute immer noch etliche "Bürger", ich tippe 90%, "scheusslich", ausser vielleicht Bilder aus seiner blauen oder Rosa-Periode. Und was sagen Sie dazu?
Man hat ihm gar Frauenfeindlichkeit vorgeworfen, da er die Frauen in seiner Kunst immer so "entstellt" zeige. Zugegeben, seine fetten, männlich anmutenden Frauen mag ich auch nicht, aber ansonsten bin ich ein Picasso-Fan. Auch die Kunst erfodert, ähnlich wie Wissenschaft, Philosophie, Musik, ein wenig Wissen und eine Auseinandersetzung des Rezipienten mit der Materie.

Eine allzu verständliche, oder "einfache" Kunst birgt die Gefahr der Banalität. Das heisst natürlich nicht, dass gute Kunst immer schwer zu verstehen sein muss (Vermeer, Rembrandt, Michelangelo, Turner...) Aber ich kann auch verstehen, warum viele "Bürger" weder die Zeit, noch die Motivation haben, sich mit solchen Themen auseinander zu setzen.

4

ebenfalls | 27.07.2012 18:00 Uhr

architekt

Die Frage ist weniger ob man das Gebilde als Kunst oder Scheußlichkeit definiert, sonder viel mehr wie geht man mit Denkmählern umgeht?
Braucht es ständige Konfrontationen mit teilweise sehr spekulativen Vergangenheiten?
Wie stellen sich Entwürfe im öffentlichen Raum der Gegenwart gegenüber?
Was ist Partizipation?
Und es läuft zwangsweise auf die eine Frage aus: brauchen wir noch mehr Meinungen aus modernistischen Entwurfsansätzen?

3

Architekt | 27.07.2012 17:13 Uhr

...

= Wie wenn der Grundriss an der Wand hängt und nicht auf dem Tisch liegt - eine schöne Raumfolge...

Prima.

2

bes | 27.07.2012 16:30 Uhr

toll!

ein mutiger versuch endlich die lücke aufzureissen!
jahrelange diskussionen gab es... darf man die achse stören?
JA! DARF MAN!

das sich der münchener kleinbürger darüber beschwert ist immer so. Nicht auf Marktgeschwätz hören. den bauern stört es nur, dass sein stammsonnenplatz verloren gegangen ist.


und "abgefahren" ist es nun wirklich nicht... bei aller liebe. eine sträkere aussage wäre mir lieber gewesen.

1

auch ein | 27.07.2012 15:57 Uhr

architekt

"Was Konzeptkünstler sofort begreifen mögen, ist manchem Bürger ein Dorn im Auge. "

genau das ist es ja: macht doch kunst nicht für konzeptkünstler sondern für die bürger! auch wenns vielleicht dann nicht so "abgefahren" ist............

 
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