Dort, wo jetzt die Megametropole Tokio liegt, gab es einmal eine hügelige Feuchtlandschaft, durchzogen von vielen größeren und kleineren Flüssen – man lebte hier früher in enger Verbindung zum Wasser. Davon ist heute nicht mehr viel übrig, aus der einstigen Wasserstadt ist eine moderne Steinwüste geworden. Der Boden ist zubetoniert und zahlreiche Flussläufe liegen nun entweder unterirdisch oder wurden so begradigt und eingedämmt, das lediglich schmale Rinnsale und Gräben übrig blieben. Diesem Verschwinden des Wassers aus der alltäglichen Wahrnehmung will das in Tokio ansässige Büro Sasaki Architecture mit seinem jüngsten Entwurf Kugayama South Gate Building entgegenwirken und lässt die Dachentwässerung als Sinnbild des Wasserkreislaufs kurzerhand zum Eyecatcher ihres Bauwerks werden.
Das dreigeschossige Geschäftshaus passt sich gut in die für Tokio typischen kleinteilig bebauten und von Kabeln durchzogenen Straßen ein. Es liegt im Westen der Stadt in unmittelbarer Nachbarschaft der U-Bahn-Station Kugayama auf einem Eckgrundstück am Eingang einer Einkaufszone. Auf einer Gesamtfläche von knapp 954 Quadratmetern beherbergt es mehrere Ladenflächen und eine kleinere Terrasse im zweiten Obergeschoss, auf dem begehbaren Dach befindet sich außerdem ein Fahrradparkplatz. Die beiden der Straße zugewandten Fassaden der Stahlkonstruktion wurden mit länglichen Aluminiumplatten verkleidet, die bronzefarben schimmern. Auch die Flurbereiche im Inneren sind ganz in dieser edel-kühlen Optik gehalten. In den vertikal orientierten, geschosshohen Fensteröffnungen in verschiedenen Breiten spiegelt sich die urbane Umgebung wider.
So weit ist das Geschäftshaus nicht ungewöhnlich – nun kommt jedoch noch die Dachentwässerung ins Spiel. Mit ihr setzen die Architekten einen besonderen Fassadenakzent, der zum „Markenzeichen“ des Gebäudes wird: Fallrohre in leicht abgeänderten abstrakten Baumformen, die des Nachts hinterleuchtet werden, lassen nicht nur das Regenwasser abfließen – sie sollen darüber hinaus auch einen emblematischen Naturbezug herstellen. H-Träger symbolisieren dabei Stämme, schmale Rohre Äste, an einem Drahtgeflecht sollen nach und nach Pflanzen emporranken und die jetzt noch kahle und technisch wirkende Gebäudehülle perspektivisch mit realem Grün bedecken. Bewässert werden sie mit dem in einem unterirdischen Reservoir gesammelten Regenwasser, bevor dieses auf kontrollierte Weise in den nahen Fluss geleitet wird – und der Kreislauf sich schließt. (da)
Fotos: Takumi Ota
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