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06.04.2016

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Kiste für große Geister

Gerichtshof in Den Haag von KAAN


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Die großen Geister der niederländischen Justizgeschichte wachen als Bronzestatuen vor dem Bau, dahinter in Latein der Spruch des Rechtsgelehrten Hugo de Groot (1583–1645): „Wenn die Methoden der Justiz enden, beginnt der Krieg“, lautet die Übersetzung etwa. Mit geballter Würde präsentiert sich der neue oberste Gerichtshof für die Niederlande in Den Haag. KAAN Architecten (Rotterdam), bereits mit dem Bau der niederländischen Botschaft in Mozambik in öffentlichen Aufträgen geübt, haben den 100 Meter langen Kasten als Repräsentanz für die hohe juristische Instanz entworfen.

Wie aus einem Block gemeißelt wirkt der zweigeschossige Marmorsockel des Gerichtsgebäudes. Mit seiner umgehenden Einkerbung und sechs Meter hohen „Schau“-Fenstern öffnet er sich zum Stadtraum im Erdgeschoss, während er sich im oberen Stockwerk wieder als steinerner Gürtel um den Bau verschließt. Der Sockel bildet die Basis für einen gläsernen Aufbau. Dieser zeigt sich als Gitterwerk mit 90 Zentimeter breiten Glasflächen in nur zehn Zentimeter breiten Justierungen und dehnt den Bau zu einem klaren, schlanken, scheinbar schwebenden Raster. Ein kleiner Anbau im Nordosten ragt aus einem oberen Geschoss heraus – wie ein Fühler, eine räumliche Verankerung des 18.000 Quadratmeter großen Neubaus in der Umgebung.

Wie die Juristerei selbst muss auch die innere Organisation des Baus sein. Dazu gehört, dass die Erschließungswege für das Gerichtspersonal, die Angeklagten und ihre Verteidiger sowie die Öffentlichkeit strikt voneinander getrennt sind. Ein großer Gerichtsaal mit 400 Sitzen und ein kleiner mit 80 Sitzen bilden das Zentrum des Gerichtshofs, beide ehrwürdig in Eichenholz verkleidet.

Die doppelgeschossige Eingangshalle zieht sich über die volle Länge des Baus, in ihr breitet sich eine ganze Landschaft mit Sitzgelegenheiten aus. Boden und Decke sind aus einem leichtgrauen Kalkstein. Nicht öffentlich hingegen sind die Lichthöfe, die KAAN Architecten in den Bau integrierten. Sie sind auch als soziale Atrien gedacht, in denen sich das Personal zu spontanen Besprechungen begegnet. Obgleich für den normalen Bürger nicht zugänglich, sind auch diese Atrien repräsentativ mit Balustraden und ertikal angelegten Marmorverkleidungen ausgestattet. Ganz dem juristischen Standesbewusstsein angepasst, soll dieses edle Interieur an historische Bürgerhäuser in Den Haag erinnern. (sj)


Eröffnung und Tag der offenen Tür: 23. April 2016

Fotos: Fernando Guerra | FG+SG, Sebastian van Damme, Johannes Schwarz


Zum Thema:

Marmor sei die billigste Tapete, hieß es noch bei Adolf Loos. Über das große Comeback des Marmors in der Baunetzwoche#375


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