Mit 60.200 Quadratmetern Bruttogrundfläche ist das neue Haus der
Rechtbank Amsterdam im Stadtteil Zuidas das bei Weitem größte der elf Gerichtsgebäude in den Niederlanden: Hier arbeiten gut 1.000 Menschen, 200 Richter fällen pro Jahr bis zu 140.000 Urteile. Der Neubau am Parnassusweg ersetzt den vorher hier befindlichen alten Gerichtskomplex und hat im Mai 2020 den Betrieb aufgenommen. Der Entwurf des von der zentralen Regierungsimmobilienagentur Rijksvastgoedbedrijf beauftragten Baus stammt von
KAAN Architecten. Das Rotterdamer Büro ist Teil des für die Projektrealisierung ins Leben gerufenen Firmenkonsortiums NACH (New Amsterdam Courthouse), das mit der Regierung eine öffentlich-private Partnerschaft einging. Die Gesamtkosten werden mit 235 Millionen Euro veranschlagt, in denen nicht nur der Bau an sich, sondern auch dessen Instandhaltung und Management für die kommenden 30 Jahre – ebenfalls ausgeführt von NACH – inkludiert sind.
Die Konzeption des Neubaus, der
2016 erstmals vorgestellt worden war, folgt dem Gedanken, dass die Rechtsprechung in einem Rechtsstaat eine öffentliche Angelegenheit ist. Damit sich dies auch in der Architektur spiegele, habe man das 50 Meter hohe Gebäude offen und unprätentiös gestaltet und es städtebaulich gesehen eng in das räumliche Gefüge der Umgebung integriert, erklären KAAN in ihrer Projektpräsentation. Zwei quaderförmige Volumen wurden im rechten Winkel aneinandergefügt, sodass zwischen ihnen in Richtung des Bahnhofs Amsterdam-Süd ein neuer öffentlicher Platz von der Größe eines halben Fußballfeldes entstand. Auf der anderen Seite der Volumen wurde an der gemeinsamen Ecke durch Subtraktion ein weiterer, kleinerer Vorplatz geschaffen. Der resultierende graduelle Übergang zwischen Straßenraum und dem öffentlichen Erdgeschoss des Gerichts soll für eine leichte Zugänglichkeit sorgen.
Die innere Organisation des Ensembles ist auf bestmögliche Funktionalität und Sicherheit ausgerichtet: Bereiche mit funktionalem Zusammenhang wurden in dichter räumlicher Nähe angeordnet; andere Nutzungen wie beispielsweise die Wege, die Richter, Häftlinge und Besucherinnen durch das Gebäude nehmen, wurden voneinander getrennt. Neben 50 Gerichtssälen und zahlreichen Büros beherbergt der Gebäudekomplex auch ein Konferenzzentrum mit Bibliothek und ein Restaurant. Von der zentralen Eingangshalle aus erschließen Rolltreppen die oberen Geschosse.
In den weitläufigen, luftigen Foyers rund um die Gerichtsräume – ausgelegt für den Aufenthalt von 800 bis zu 1.000 Menschen am Tag – treffen Anwältinnen, Mandanten, Berichterstatterinnen und Publikum aufeinander. Durch große Fensterfronten ist die umgebende Stadt hier stets präsent; ansonsten dominieren glatt polierter Naturstein, dunkle Oberflächen und Holz für Treppen und Wandverkleidungen. Die Fassaden der oberen Etagen bestehen neben Glas aus dunklem Metall. In den Räumen der Rechtsprechung hingegen herrscht diskrete Abgeschlossenheit. Mit zunehmender Höhe gehen die öffentlichen in interne Bereiche über – eine Funktionsverteilung, die auch äußerlich an einem immer enger werdenden Fensterraster ablesbar ist. Hier erfolgt die Erschließung über Treppen, die einen zentral liegenden, runden Leerraum kreuzen, Büros und Richterzimmer sind um begrünte Innen- und Außenhöfe gruppiert.
(da)
Fotos: Fernando Guerra FG+SG
Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen: