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06.09.2024

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Leuchtende Glasboxen über Kriegsruinen

Gerber Architekten planen im Kosovo


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Mit ihrer aktuellen Planung für eine Gedenkstätte im Kosovo wagen sich Gerber Architekten (Dortmund) mitten in die komplexe Geschichte der Balkankriege hinein. Genauer: In die Erinnerungspolitik um den Kampf der paramilitärischen UÇK, die in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre erfolgreich für die Unabhängigkeit des Kosovo kämpfte – und deren zweiter Anführer und späterer Präsident des Kosovo, Hashim Thaçi, sich seit letztem Jahr vor einem UN-Sondertribunal in Den Haag wegen potenzieller Kriegsverbrechen verantworten muss.

Mitbegründer und Chef der UÇK vor Thaçi war Adem Jashari. Er starb am 7. März 1998 zusammen mit Mitstreitern, aber auch unschuldigen Familienmitgliedern und Kindern in Folge eines massiven Angriffs der jugoslawischen Sicherheitskräfte. Die militärische Aktion im Dorf Prekaz dauerte drei Tage lang und gilt als ein Wendepunkt des Kosovokriegs, da sie den Konflikt im Süden der damaligen, serbisch dominierten Bundesrepublik Jugoslawien intensivierte. Der brutale Angriff mit Dutzenden Toten wurde auch international wahrgenommen und führte letztlich zur direkten Intervention der NATO mit Angriffen unter anderem auf Ziele in Belgrad.

Direkt nach dem Ende des Kosovokriegs 1999 wurde in Prekaz der sogenannte Adem Jashari Memorialkomplex errichtet. Heute zeigt sich der Gedenkort als weitläufige Anlage. Neben einer Grabstätte mit militärischer Ehrenwache findet man hier die zerschossenen Häuser der Familie Jashari, die durch provisorische Dächer geschützt werden. Ebenfalls Teil der Anlage ist ein weißer, keilförmig aufragender Museumsbau, in dem historische Objekte – etwa das Gewehr Jasharis – zu sehen sind.

Für das kosovarische Selbstverständnis ist der Memorialkomplex sehr wichtig. Um ihn zu entwickeln, lobte das Land einen internationalen Wettbewerb aus, den Gerber Architekten für sich entscheiden konnten. Ziel ihres Projekts sei es, die Anlage zu einem „lebendigen Ort des Gedenkens, der Bildung und der kulturellen Identität“ zu transformieren, schreiben die Architekt*innen.

Eine ehemalige Munitionsfabrik soll zu einem Nationalmuseum des Widerstands ausgebaut werden, ein ehemaliger Wasserturm soll zukünftig als Aussichtspunkt dienen. Bemerkenswert sind schließlich die Glasboxen, die die Architekt*innen über die Häuser setzen wollen, um diese in ihrer ruinösen, vom vergeblichen Verteidigungskampf gezeichneten Erscheinung zu konservieren. Sie sollen „tagsüber und nachts als symbolische Leuchtzeichen weithin sichtbar werden“, schreiben Gerber Architekten.

Das Projekt wird im Berliner Standort des international breit aufgestellten Büros bearbeitet. Laut Auskunft der Architekt*innen wurden sie verbindlich mit der Umsetzung beauftragt. Da es sich um ein Projekt von hoher nationaler Bedeutung für den Kosovo handelt, darf mit einer zügigen Umsetzung gerechnet werden. (gh)


Zum Thema:

Der Kosovo ist nicht nur eines der jüngsten, sondern auch ärmsten Länder Europas. Vor zwei Jahren war die europäische Wanderbiennale Manifesta in der Hauptstadt Prishtina zu Gast. In unserer ausführlichen Baunetzwoche#603 zeigten wir nicht nur Kunst, sondern stellten auch die Architektur der Stadt vor. Darunter die Hertica-Schule, die im Unabhängigkeitskrieg stark zerstört wurde und ebenfalls als überdachte Ruine erhalten wird.


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