Der Titel dieses Projekts – OurHaus – klingt ein wenig nach windigem Immobiliensprech, und auch das Umfeld wirkt derzeit noch wie aus der Retorte. Die Realität des kompakten Neubaus in der Leipziger Hafenstraße könnte davon allerdings nicht weiter entfernt sein. Im Westen der Stadt leben hier nämlich seit Ende 2020 rund 50 Menschen im kollektiven Wohneigentum. Das Projekt wurde von Dix Tannhäuser (Leipzig) gestaltet, es erhielt seine formale und konzeptionelle Ausprägung aber auch und vor allem im engen Dialog mit den Nutzer*innen. Über eine eigens gegründete Genossenschaft sind sie am Gebäude beteiligt, dessen Bau sie wiederum durch ihre renditefreien, dauerhaft stabilen Mieten finanzieren.
Das neue Haus steht im Entwicklungsgebiet Lindenauer Hafen, wobei das Grundstück von der Stadt in einem Wettbewerbsverfahren vergeben wurde. Die enge Verzahnung von individuellen und kollektiven Nutzungen ist nicht nur im Grundriss zu erkennen, sondern auch in architektonischer Hinsicht ablesbar. Während sich das Haus straßenseitig noch zurückhaltend in das eher konventionelle Umfeld einfügt, ist der kollektive Charakter rückwärtig klar ersichtlich: Herausgeschobene Volumen und durchgehende Balkone wurden miteinander verschränkt, Balkone sind vom Treppenraum aus direkt erschließbar.
Was sich in der Fassade andeutet, setzt sich im Inneren des Fünfgeschossers mit Tiefgarage fort. Die Erschließung ist als mäandernder Gemeinschaftsraum ausformuliert, und die dreizehn Wohneinheiten sind teils mehrgeschossig ineinander verschachtelt. Die Vielfalt an Grundrissen entspricht dabei der Vielfalt der Bewohner*innen und reicht von einem Kleinapartment bis zu großen Familienwohnungen.
Dix Tannhäuser und die Genoss*innen verteilten mehrere, flexibel zumietbare „Jokerräume“ über das Haus. Darüber hinaus planten sie einen großen, auch extern nutzbaren Gemeinschaftsraum ein und Einrichtungen wie Werkstatt, Musikraum, Sauna und Waschraum. Der Anteil an kollektiven Flächen beträgt rund 13 Prozent, was laut Architekt*innen auch im Kontext von Genossenschaftsbauten außerordentlich hoch ist. Die Bruttogrundfläche addiert sich auf rund 2.328 Quadratmeter, gewohnt wird auf 1.182 Quadratmetern.
Konstruktiv entstand das Gebäude in Holz-Hybrid-Bauweise aus Stahlbeton-Skelett und vorgefertigten Holztafelelementen, die Fassade wurde als Wärmedämmverbundsystem mit Glattputz ausgeführt. Der Ausbaustandart mit viel materialsichtiger Fläche im Inneren wurde kostengünstig gehalten, was es auch erlaubte, ohne staatliche Fördermittel auszukommen. (sb)
Fotos: Christian Rothe, Emanuel Mathias
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latimer | 27.01.2022 16:34 UhrKollektiv
Das ist sicher einer der spannendsten Neubauten der letzten Zeit zum Thema gemeinschaftliches Wohnen!
Schade ist nur, dass Umfeld und Typologie der Umgebung und seiner Bauten das so gar nicht mitmachen. Da wird erst mit vielen Bäumen oder Veränderungen in einigen Jahrzehnten eine eingiermaßen urbane Qualität herzustellen sein.