Kunstsammlungen werden oft in abgedunkelten Räumen, Kisten oder Schränken gelagert und viele Arbeiten kommen nur sporadisch ans Tageslicht. Dass ein Lager und Showroom für Fotografien, Drucke, Pastelle und Lithographien dagegen auch die Gestalt eines lichtdurchfluteten Wintergartens haben kann, der aufgrund seiner architektonischen Gestaltung gleich selbst zum Kunstwerk avanciert, zeigt die layered gallery. Gianni Botsford Architects (London) haben sie für einen Kunstsammler, der sich einen adäquaten Aufbewahrungs- und Kontemplationsort für seine Sammlung wünschte, im Londoner Stadtviertel Bloomsbury entworfen.
Der dreigeschossige Anbau liegt versteckt in einem kleinen, geschlossenen Innenhof eines, im georgianischen Stil erbauten, Londoner Reihenhauses aus dem 18. Jahrhundert. Im Prinzip ist er nichts anderes als eine riesige, begehbare Vitrine an dessen Rückseite. Die Architekten haben dem Bestandsgebäude im Bereich der beiden Obergeschosse eine neue, vollständig verglaste Fassade vorgelagert. Der so entstandene, leicht und luftig wirkende Korridor beherbergt nun die künstlerischen Werke und dient außerdem als lauschiger Rückzugsort. Hier kann man sich zugleich in Kunst vertiefen und Sonne tanken. Darüber hinaus gibt es zwei ganz besondere Extras: eine außenliegende Küche im Erdgeschoss und eine „secret toilet“ im ersten Obergeschoss – verborgen in einer Schrankwand, aus der sie bei Bedarf herausgeklappt werden kann. Inmitten der Galerie gelegen und vom Hof aus bestens einsehbar, bleibt offen, ob diese Toilette tatsächlich benutzt wird oder eine eher installative Rolle als weiteres Kunstobjekt spielt – eine Hommage an Marcel Duchamps „Fountain“ beispielsweise.
Das alles ist bereits sehr speziell, aber damit nicht genug: In einer Umkehrung der üblichen strukturellen Hierarchie stellt die Fassade der Galerie zugleich ihr Tragwerk dar. Es ruht auf zwei Stützen mit Versteifungsrippen an der Rückseite und besteht komplett aus Cortenstahl. Auch große Teile des Innenbereichs – die Toiletten-Wand und die verschiebbaren, raumhohen Hängewände für die Kunstwerke – sind aus diesem Stahl gefertigt, dessen Rostoptik im Zusammenspiel mit der offenliegenden Ziegelsteinwand des Bestandsbaus eine industriell-robuste Ästhetik erzeugt, die sehr explizit auf zu Galerien konvertierte Lagerhallen und warehouses verweist.
Auch ihrem Namen macht die layered gallery alle Ehre. Sie besteht aus mehreren Strukturebenen, deren Überlagerung die Fassade wie eine sogenannte Petersburger Hängung aussehen lässt. Diese besonders enge, wandfüllende Bildanordnung kommt auch in der dahinterliegenden Kunstsammlung zur Anwendung. Ein filigran wirkender, sich verästelnder Rahmen bildet die erste Ebene, die darunterliegenden mit Stahl gerahmten Verglasungen sind die zweite. Innen an den Fenstern angebrachte rote Rollos, welche die Kunstwerke vor allzu starker Sonnenstrahlung schützen, stellen die dritte Ebene dar und die übereinander angeordneten, auf Schienen hängenden Präsentationswände für die Bilder die vierte, fünfte und so weiter.
Schade ist eigentlich nur eines: dass diese Galerie in natura nur von einem sehr kleinen, ausgesuchten Personenkreis bestaunt werden kann. Das macht sie wiederum zu etwas ganz besonders Exklusivem – eben ganz wie ein Kunstwerk. (da)
Fotos: Luigi Parise
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european | 12.05.2017 15:39 Uhrnice work
what a shame that none of these people will still be allowed to work in the uk post brexit