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20.06.2016

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Silberne Würmer

Fuksas Philharmonie in Tbilissi


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„Die Sowjetunion war voll grauer Straßen, bevölkert von grauen Menschen in grauen Anzügen, die in grauen Häusern wohnten“, hat der ehemalige Präsident Georgiens, Micheil Saakaschwili, einmal gesagt. Und um der Eintönigkeit vergangener Diktaturen die Farbigkeit der Demokratie entgegenzusetzen, lud Saakaschwili zahlreiche Architekten aus dem Westen ein, dem Land zwischen Kleinem und Großem Kaukasus bunte Gebäude zu bescheren. Saakaschwili wurde 2013 von Giorgi Margwelaschwili ersetzt, doch die Bauten von Jürgen Mayer H oder UN Studio bleiben, oder – wie im Falle dieser Konzert- und Ausstellungshalle in der Hauptstadt Tbilissi von Studio Fuksas – sie werden jetzt erst fertiggestellt.

Massimiliano und Doriana Fuksas haben 2010 den Auftrag für dieses Staatsprojekt an exklusiver Flusslage von oberster Regierungsstelle erhalten. Schon zuvor hatten sie für Saakaschwili ein prominentes Gebäude in Tbilissi entworfen, einen Pan-Verwaltungsbau, der 2012 abgeschlossen wurde. Auch bei der biomorphen Architektur des älteren Projekts wusste man nicht, ob sein aufgefächertes Dach überdimensionierte Blütenblätter oder Pilzhauben darstellen soll, und so schwankt man nun bei diesem Kulturzentrum zwischen verschiedenen Interpretationen: Kriechen da zwei silberglatte Regenwürmer aus dem Berghang heraus oder sind es eher stählerne Gefäßadern?

Die visuelle Verbindung zum Zentrum von Tbilissi ist ein wichtiges Motiv. Deswegen treten die beiden Volumen aus dem Hang heraus und von einer Hauptverkehrsstraße abgewandt in den Park hinein. Der gesamte Bau richtet sich mit seinen verglasten Stirnseiten zur Altstadt, die auf der anderen Uferseite der Kura liegt. Außen mit rostfreiem, glanzpoliertem Stahl verkleidet, bilden diese liegenden Fortsätze auch ein städtebauliches Pendant zu Fuksas' Pilz-Blüten-Hybrid, der sich an das historische Zentrum anschließt.

Die beiden Äste des Projekts sind im Kern aus Stahlbeton. Jeder von ihnen hat eine andere Funktion: Der nördliche Teil beherbergt die Konzerthalle mit 566 Sitzen und der südliche Teil die Ausstellungshalle. Erschlossen wird der Bau über eine breite Treppe von der Stirnseite des Ausstellungsflügels. Der andere Flügel, im Gegensatz, hebt sich vom Boden etwas ab und ermöglicht den Besuchern, vom verglasten Foyer aus einen Blick auf die Kura und die Skyline der Stadt zu werfen. Auf dieser trägt sich nicht nur der architektonische Konkurrenzkampf zwischen Sowjetunion und junger Demokratie aus, sondern noch viel ältere Jahrhunderte zeichnen sich darauf ab. (sj)

Fotos:
Sophia Arabidze, Nikolay Kaloshin, Joel Rockwood, © FUKSAS


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Kommentare
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1

peter | 20.06.2016 21:21 Uhr

tbilisi

als ich vor 12 jahren in tiflis war, war saakashvili gerade frisch an der macht. da schien georgien ein hoffnungsloses fleckchen erde zu sein, zumindest wenn man sich den zustand der straßen und gebäude so ansah, aber die leute waren gut gelaunt und glaubten an eine bessere zukunft. jetzt ist dieser glaube an vielen stellen gebaute wirklichkeit, einerseits freut es mich für die georgier, dass ihr land nicht nur aus schmutz, schlaglöchern und verfall besteht.

aber wenn ich mir diese bauten teilweise so ansehe, kommt mir ein ganz anderes grausen - unmaßstäblich und fremd stehen sie da, teilweise sind sie auch einfach nur indiskutabel, wie z.b. diese reichstagskopie.

aber selbst der fuksas-bau wirkt laut und deplaziert in einer vormals vielleicht maroden, aber doch qualitätvollen, netten und gemütlichen altstadt wie der von tbilisi. diese vulgären glasröhren sind unförmige gebilde, die das stadtbild kaputtmachen und hoffentlich bald wieder recycled werden.

 
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