Das Fenster zum Hof lädt glücklicherweise nur in äußerst seltenen Fällen zur Beobachtung und Lösung von Mordfällen in der Nachbarschaft ein, wie in Alfred Hitchcocks gleichnamigem ersten Paramount-Thriller. Jenseits des kriminalistischen Spürsinns – oder des Auslebens voyeuristischer Neigungen – hilft so eine weit aufgerissene Fensteröffnung in Richtung Innen- oder Hinterhof gerade zur beginnenden Frühlingszeit, den Winter aus den vier Wänden und dem eigenen Gemüt zu vertreiben. Die Aussicht: ein Blick auf frisch sprießendes Grün, keine störenden Abgase und Vogelgezwitscher statt Straßenlärm.
Nach Beispielen für Gebäude abseits des Stadtgewusels haben wir passend zum anstehenden Frühlingsanfang in unserem Archiv gesucht. Gefunden haben wir Mehrparteienhäuser wie in Düsseldorf, Zürich, Basel oder Paris, wo mithilfe von Freisitzen auch in dichter bebauten Gebieten Geschosswohnungsbau mit nahezu Einfamilienhausqualität und Ausblick in die (Gemeinschafts-) Gärten entstehen konnten. Oder Beispiele in Form von ursprünglich als Wirtschaftshäuser errichteten Remisen, die insbesondere in Berlin zuletzt ein Comeback feierten: In zweiter Reihe bieten sie Exklusivität und ländliche Ruhe mitten im Urbanen – zum Wohnen, zum Arbeiten oder auch für beides.
Natürlich sorgt der Blick in weniger gemäßigte Klimazonen ebenfalls für Inspiration, was den gedämpften Bezug zwischen Innen- und Außenraum angeht. In Mexiko integriert eine kluge Nachverdichtungsmaßnahme private Patios oder Loggien und ermöglicht so Begrünung und Rückzug. In Kanada schafft es eine findige Erweiterung, trotz eines engen Grundstücks, den eigenen Hof zu bewahren. Und in Katalonien, Indien oder im Iran, wo Hofhäuser aufgrund ihrer klimatischen Vorteile auf eine lange Geschichte zurückblicken können, wird die traditionelle Typologie vielfach neu interpretiert. Also: Fenster auf, der Frühling kommt! Vorausgesetzt, die Nachbarn sind nicht zu neugierig. (kms)
Bild: Mehrfamilienhaus von HHF in Basel, Foto von Maris Mezulis