Ist Belgien das Land der häßlichen Häuser? Das könnte man jedenfalls meinen, wenn man sich den Blog Ugly Belgian Houses anschaut. Dessen Inititator Hannes Coudenys hat auf diversen Reisen durch sein Heimatland schon mehrere Hundert Fotos von geradezu surrealistisch anmutenden architektonischen Missverständnissen und Negativbeispielen geschossen – von absurd über chaotisch bis brutal. Mittlerweile ist aus der Online-Bildersammlung, die im Jahre 2011 begann, ein Buch geworden. Und dass man in Belgien darüber hinaus einen Hang zu ungewöhnlichen wie humorvollen Lösungen städtebaulicher Fragestellungen und verkehrstechnischer Problemsituationen hat, zeigt das ganz ähnlich angelegte Fotoprojekt Belgian Solutions, das ebenfalls als Website und als Buch vorliegt.

Höchste Zeit also, einen Blick in unser Archiv zu wagen – und festzustellen, dass in Belgien nicht nur mehr oder weniger gekonnt improvisiert, sondern auch überraschend klar und gut gebaut wird. Dabei geht es oftmals ruhig und geometrisch zu, sei es mit Ziegelstein wie bei Dieter de Vos, Happel Cornelisse Verhoeven und Graux & Baeyens oder mit Beton bei KAAN und Aires Mateus. Modernistisch inspirierte Glaspavillons wiederum werden von Atelier Kempe Thill, Gafpa und Compagnie-O ins Spiel gebracht. Letztere referieren mit einem brutalistischen Betonsockel zugleich auf Belgien als klassisches Festungsland. Eine gute Portion Festung steckt auch in der eigenwilligen Betonfassade des Mauerhauses von And'rol, das seinen Gegenpol im bühnenartigen Eigenheim von Atelier Vens Vanbelle für eine präsentierfreudige Familie findet. De Vylder Vinck Taillieu schließlich nehmen sich die klassische belgische Dorfarchitektur vor, peppen eine weiße Fließenlandschaft mit Farbakzenten auf und dekonstruieren kurzerhand eine Scheune – belgische Lösungen eben. (da)

Teaser: Zum Wohnhaus umgebaute Scheune von De Vylder Vinck Taillieu, Foto von Filip Dujardin