Der Namensgeber ist Fritz Höger, das bestimmende Material ist Backstein – schnell macht sich ein gefestigtes Bild norddeutscher Backsteinarchitektur mit dunkel gebrannten Ziegeln und expressionistischen Fassaden vor dem inneren Auge breit. Kein Wunder, Höger selbst hat mit seinem berühmten Chilehaus in Hamburg diese Vorstellung von Backsteinarchitektur zu Beginn des 20. Jahrhunderts mitgeschaffen. Doch die Ergebnisse des diesjährigen Fritz-Höger-Preises gehen weit über einen – nennen wir ihn mal – „Höger-Stil“ hinaus, geografisch und ästhetisch.
Am 6. Oktober 2017 wurde im Deutschen Architekturzentrum (DAZ) zum vierten Mal der Fritz-Höger-Preis für Backstein-Architektur verliehen. Aus über 600 eingereichten Projekten wählte eine vierköpfige Jury, unter anderem mit Kaye Geipel (stellvertretender Chefredakteur Bauwelt) und Heiner Farwick (Präsident Bund Deutscher Architekten), in einem zweistufigen Verfahren sechs Gewinner aus. Insgesamt 78 Bauten kamen auf eine Shortlist, die mit Standorten in der Schweiz, Iran, Sri Lanka oder den USA die Bandbreite internationaler Backsteinarchitektur aufzeigt.
Ein Grand Prix und sechs Mal Gold: Sieben Projekte zeichnete die Jury in den Kategorien Büro- und Gewerbebauten, öffentliche Bauten, Wohnungsbau, Einfamilienhaus, Sanierung, Energie und Newcomer mit dem Preis aus. Backstein taucht in den unterschiedlichsten Formen auf: mal grau bestrichen als massives, dämmendes Mauerwerk in Hessen, mal weiß getüncht im leichtem Gitterverbund in einer sanierten Kirche in Katalonien, mal hell gebrannt als perforiertes Mauerwerk, das sich durch den Innen- und Außenraum eines Einfamilienhauses in Vietnam zieht.
Aller Neuartigkeit im Umgang mit dem Ziegel zum Trotz, kehrt die Jury für die herausragendste der sieben Auszeichnungen zum klassischen Höger zurück: Der Grand Prix geht an Caruso St John Architects. Ihr Neubau für den Hauptsitz der Bremer Landesbank zeigt mit dem dunklen, in vielen Wellen aus der Wand schwingendem Klinker unverkennbare Bezüge zum Backsteinexpressionismus in Norddeutschland. Die Auszeichnung bleibt in ihrer vierten Ausgabe also ihrem Namen treu.
Die ausgezeichneten Projekte sind:
Grand-Prix Kategorie Büro- und Gewerbebauten: Bremer Landesbank von Caruso St John Architects (London)
Gold Kategorie Öffentliche Bauten: Gdansk Shakespearean Theatre von Renato Rizzi mit Proteco Engineering (Piave/Italien)
Gold Kategorie Wohnungsbau: Towers T5 & T6 am Westkaai in Antwerpen von Tony Fretton Architects (London)mit De Architecten NV (Tervuren/Belgien)
Gold Kategorie Einfamilienhaus: Termitary House Da Nang (Vietnam) von Tropical Space (Ho Chi Minh-Stadt)
Gold Kategorie Sanierung: Santa Maria de Vilanova de la Barca in Lleida (Katalonien) AleaOlea architecture & landscape (Barcelona)
Gold Kategorie Energie: Hessenwaldschule in Weiterstadt von wulf architekten (Stuttgart)
Gold Kategorie Newcomer Award: Konversion einer alten Ziegelei in das Landbad Bordenau (bei Hannover) von Nick Chadde (Weimar)
(sj)
Zum Thema:
www.backstein.com/de/fritz-hoger-preis/fritz-hoger-preis-2017
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
2
Aaron Moran | 17.10.2017 09:16 UhrShakespearean Theater...
Obwohl die Entscheidung zum Entwurf etwas skandalös in Danzig war, ist das Gebäude aus meiner Sicht eins, welche in der Stadt ganz gut passt. Eine tolle zeitgenössische Interpretation der Architektur Danzigs. Durch seine Materialität wirkt das Gebäude etwas monumental (zumindest in Bildern), aber wenn man vor ihm steht, ist das Theater in der Tat sehr klein. Die zu öffnende Terrasse auf dem Dach bietet einen sehr schönen Ausblick auf die Stadt und durch das Wetter denke ich, dass das Gebäude eine gute Gelegenheit hat "schön" alt zu werden.
Schade ist es, dass nur wenige Büros schöne Ideen umsetzen können...