Die Ruinen von Huanchaca am Rand der chilenischen Großstadt Antofagasta sehen zwar aus wie die archaischen Überreste einer alten Zivilisation, aber es handelt sich bei ihnen um ein Industriedenkmal aus dem vorletzten Jahrhundert. Rund ein Jahrzehnt wurde hier ab 1892 Silber verarbeitet, doch dann machte der Weltmarkt die Gießerei überflüssig. Nicht zuletzt dank ihrer beeindruckenden Ausmaße wurden die Hinterlassenschaften aber schon in den Siebzigerjahren unter Schutz gestellt. Einem Masterplan von Marco Polidura folgend wird das Areal nun Stück für Stück entwickelt. Nach einem Museum, das der nahen Atacama-Wüste gewidmet ist, entstand dort nun im letzten Jahr ein kleines Freilufttheater für bis zu 300 Personen.
Das Projekt von Ramón Coz, Marco Polidura, Benjamín Ortiz und Sebastián Alvarez war bereits eines der Ziele der Chile-Exkursion des Lehrstuhls von Ansgar und Benedikt Schulz, die das BauNetz im vergangenen Herbst präsentiert hat. Seither wurden die letzten Baumaßnahmen beendet und das Freilufttheater von Sergio Pirrone umfassend dokumentiert. Die Architektur orientiert sich ganz offensichtlich an der besonderen Umgebung: Sie fügt sich ein in die Topografie, als sei sie selbst gerade erst ausgegraben worden, und ihre Ästhetik ist so schroff wie die alten Steinbauten der Silbergießerei.
Interessant ist dabei, dass die Architekten kein abgeschlossenes Theater entwerfen, das am Ende doch nur die meiste Zeit unbenutzt in der Landschaft herumstehen würde. Stattdessen gelingt es ihnen mit einfachen Mitteln, das Gebäude selbst zu einer Attraktion des Ruinenparks zu machen. Das Bühnendach wird dabei zur Aussichtplattform, von der aus die Besucher bis zum Pazifik blicken können. Und mit seiner offenen Anlage lädt auch der Theaterraum zu Erkundung ein.
Das hervorstechendste Element der Architektur ist das Dach, das bei einer Höhe von fünf Metern rund zwanzig Meter auskragt. Seine massive Wirkung entpuppt sich aus der Nähe als überraschend leichte Konstruktion – eine Lösung, die nicht nur der Technik Platz bietet, sondern auch den Vorteil hat, den Bühnenraum räumlich etwas geschlossener wirken zu lassen.
Vervollständigt ist der Masterplan mit Museum und Theater übrigens noch nicht. Im Bau befindet sich noch ein Universitätsgebäude für Metallurgie, und ein „Plaza del Sol“ soll schließlich alle Teile miteinander verbinden. (sb)
Fotos: Sergio Pirrone
Zum Thema:
Mehr „Reporting from Chile“ mit Ansgar und Benedikt Schulz auch hier und in der Baunetzwoche#473. Am kommenden Freitag wird außerdem unter dem Titel „Relaciones“ in Dortmund eine Ausstellung über südamerikanische Architektur eröffnet, die ebenfalls Resultat der Lehrstuhl-Tätigkeit der beiden Brüder ist.
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schlawuki | 28.11.2017 13:45 UhrBeton
Beton in seiner rauhen Grobheit kommt ja nicht immer gut.
Hier passen Material, Plastizität und Gestalt einfach wahnsinnig gut.
Speziell vor der historischen Silhouette.
Ein tolles Projekt.
Man wünscht ihm eine lebendige und intensive Nutzung.
Hut ab!
Chile, wir kommen....