Letzte Woche kam unser Buchtipp aus München. Diese Woche schon wieder. Warum? Weil die brandneue, von Doris Hallama, Jana Hartmann, Anna Jacob und Zora Syren herausgegebene Publikation Frauen Bauen München begleitend zu einer Ausstellung erschienen ist, die noch bis Donnerstag, 21. November in der Architekturgalerie im Bunker gezeigt wird. Andererseits findet man die Inhalte des Buches auch unter frauenbauen.com online. Also vielleicht doch kein Grund zur Eile? Und gar kein Grund für ein Buch?
Doch, ganz unbedingt. Denn die von Carlota Barberán Madruga und Anna Rosa Schreiber gestaltete Publikation gehört zu der Art von schönen Büchern, die man einfach gerne in Händen halten oder besitzen möchte. Der Aufbau des Buches ist geradezu klassisch, der Inhalt erschließt sich aus dem Titel: Frauen Bauen München. Projekte und Biografien Münchner Architektinnen des 20. Jahrhunderts.
Man sollte freilich kein systematisches Lexikon erwarten. Vielmehr hat man es hier mit dem Ergebnis eines Lehr- und Forschungsprojekts zu tun, das 2022–24 an den Lehrstühlen von Dietrich Fink, Florian Nagler und Dietrich Erben an der TU München durchgeführt wurde.
Vorgestellt werden dreizehn Architektinnen und ein rein weibliches Trio (mit dem wunderbar programmatischen Namen Planungsgemeinschaft Zwischenräume) mit ihren wichtigsten Bauten. Von den dreizehn Frauen führten freilich nur die wenigsten ein eigenes Büro. Die allermeisten standen in der Regel als Partnerinnen im Schatten ihres Mannes. Deshalb betonen die Herausgeberinnen in ihrem knappen Vorwort wohl auch, dass sich ihr Buch als Beitrag zu einer Geschichtsschreibung versteht, die auf die kollaborative Natur von Planungsprozessen abheben möchte. Man entdeckt hier also nicht gänzlich unbekannte Architektinnen mit einem mehr oder weniger überzeugenden Oeuvre, sondern lernt, dass hinter vielen bekannten und herausragenden Bauten eben auch Frauen standen.
Thematischer und zeitlicher Fokus des Buches sind die 1970er und 80er Jahre. Das ermöglichte in vielen Fällen Gespräche mit den Architektinnen, die etwa über das Verhältnis von Büro- und Care-Arbeit berichteten. Nicht zuletzt sorgt die kluge Auswahl engagierter Positionen und Projekte dafür, dass in Frauen Bauen München architektonische Fragen und planerische Herausforderungen verhandelt werden, die nichts von ihrer Relevanz verloren haben.
Text: Gregor Harbusch
Frauen Bauen München. Projekte und Biografien Münchner Architektinnen des 20. Jahrhunderts
Doris Hallama, Jana Hartmann, Anna Jacob und Zora Syren (Hg.)
Gestaltung: Madruga Schreiber
198 Seiten
Distanz Verlag, Berlin 2024
ISBN 978-3-95476-708-3
34 Euro
Zum Thema:
frauenbauen.com