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31.05.2013

Kunstbiennale: Trio mit vier Händen

Frankreich im deutschen Pavillon - mit Video


„Ravel Ravel Unravel“: Ein weithin sichtbarer Favorit der Kunstbiennale 2013 ist ohne Zweifel der Beitrag des französischen Künstlers Anri Sala. Vor dem deutschen Pavillon erstreckt sich auch bei Regen eine Schlange, die eine Wartezeit von mehr als einer Stunde ankündigt – ein untrügliches Zeichen dafür, dass es hier etwas Besonderes zu entdecken gibt. Doch was verbirgt sich hinter dem speziell für die Biennale angefertigten Werk?

Der subtile Titel „Ravel Ravel Unravel“ spielt mit dem Namen des bekannten Komponisten Maurice Ravel, dem englischen Verb ravel (verwirren, verwickeln) und seinem Antonym unravel (entwirren, auftrennen). Im Zentrum der Arbeit steht Ravels Konzert in D für die linke Hand. Sala ließ das Stück jeweils von den Pianisten Louis Lortie und Jean-Efflam Bavouzet unter Begleitung des französischen Nationalorchesters interpretieren. Auf diese Weise sind durch den individuellen Stil, Tempo und die subjektive Betonung der Musiker zwei Versionen des Konzertes entstanden. Die immer wieder leicht abweichenden Tonspuren legt Anri Sala übereinander und lässt sie durch die DJane Chloé synchronisieren.

In den drei Räumen des Deutschen Pavillons entwickelt die Arbeit in Form mehrerer Videoscreenings eine erhabene Dramaturgie. In Raum eins sieht man das Gesicht Chloés, ohne Tonuntermalung, wie sie versucht, die beiden Interpretationen des Stücks in Einklang zu bringen. Hoch konzentriert, vertieft in ihre Aufgabe und doch mit dem Hauch eines Scheiterns im Blick.

Im Hauptraum zeigen zwei Videos jeweils den Ausschnitt auf die Klaviaturen der Pianisten und ihre zwei linken Hände, die parallel und doch nicht synchron das anspruchsvolle Stück spielen. Tempovariationen sowie Unterschiede in Betonungen und Rhythmus werden im direkten Vergleich offenbar. Im Zusammenspiel mit dem Dirigenten Didier Benetti entsteht der Eindruck einer Jagd oder eines Wettkampfs. Überlagerungen, Echos, Dissonanzen und rhythmische Brüche begegnen und entfernen sich. In dem „schalltot“ inszenierten Raum bekommt die Musik zusätzlich eine neue Dimension. Der Raum als solches verschwindet, die beiden Projektionen und die Musik stehen im absoluten Fokus.

In Raum drei ist das Resultat der Arbeit erfahrbar: Chloés Versuch, die zwei Tonspuren in Einklang zu bringen – ihre beiden Hände an den Decks (Plattenspielern) –, kann als Scheitern interpretiert werden, oder es zeigt ihre persönliche Interpretation der zwei zusammengeführten Konzerte für die linke Hand. Die letzte Projektion schließt damit den Rahmen der gesamten Installation: ein Trio mit vier Händen.

Anri Sala führt in diesem Werk seine Betrachtung von Raum, Klang und Sprache des Körpers weiter. Er bietet eine Erfahrung, die auf Unterschiede und Gleichheit basiert. Die Arbeit spricht Intellekt und Körper der Besucher an und führt zu einem kraftvollen physischen und emotionalen Erlebnis.

Die Kuratorin Christine Macel und der Künstler Anri Sala haben mit ihrem Beitrag auf der diesjährigen Biennale aus der Not eine Tugend gemacht. Die als schwierig geltenden Lichtverhältnisse des deutschen Pavillons sowie die Dreiteilung der Ausstellungsräume sind die perfekte Bühne für dieses starke Werk – ein klarer Favorit für den Goldenen Löwen, der morgen am offiziellen Eröffnungstag verliehen wird. (Stephan Burkoff)


Video:

Ravel Ravel Unravel#01 from BauNetz Media on Vimeo.



Ravel Ravel Unravel#02 from BauNetz Media on Vimeo.



Ravel Ravel Unravel#03 from BauNetz Media on Vimeo.




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