Als der thailändische Künstler Rikrit Tiravanija Anfang des Jahres mitten in Singapur eine einfache Bambusarchitektur auf das Dach der National Gallery setzte, da wollte er die ländliche Teehaustradition in die moderne Metropole holen. Der Entwurf von Sou Fujimoto Architects (Tokio) und Nicolas Laisné & Dimitri Roussel (Montreuil) für einen Wohnkomplex in Rosny-sous-Bois zeigt Parallelen zu Tiravanijas Kunstinstallation. Kürzlich haben die drei Planer im Rahmen des großangelegten Städtebauprojekts für die Pariser Banlieues Inventons la Metropole du Grand Paris (siehe auch Masterplan für Charenton-Bercy) einen Realisierungswettbewerb gewonnen.
Wie da aus der gebirgsartigen Dachlandschaft des 120 Meter langen Baus die vielen vertikalen Träger der Konstruktion wie Bambusstämme herauswachsen und ihnen zudem in unterschiedliche Richtungen neigende Sonnenschilde aus Holzlamellen aufgesetzt sind – das sieht trotz hochentwickelter Architektur nach ländlicher Improvisation aus. Als village verticale, vertikales Dorf, bezeichnen die beiden Büros denn auch ihre so leicht daherkommende, durchfensterte Architektur für den Wohnbaukomplex. Denn sie knüpfen auch konzeptionell an ländliche Siedlungsstrukturen an.
Den Mikrokosmos eines Dorfes wollen sie in die 28.200 Quadratmeter Nutzfläche integrieren. Dazu gehören Gastronomie, Kinderbetreuung, ein Gemeindezentrum, eine Sozialhilfestelle, aber auch ein Sportzentrum und eine Bar, die sie auf Erdgeschoss und Dach verteilen möchten. Zusätzlich planen Fujimoto, Laisné und Roussel gemäß dem französischem Ansatz der mixité sociale 5.000 Quadratmeter Sozialwohnungen und 17.000 Quadratmeter Eigentumswohnungen. Die Landschaftsplanung für die Grünflächen um das und auf dem Gebäude übernimmt Atelier Georges (Paris, Nantes).
Die statische Struktur des Gebäudes soll aus Holz angefertigt werden und sich von einer niedrigen zweistöckigen Anlage am Straßenrand in einer Art Berg-Tal-Wanderung bis hin zu einem 50 Meter hohen Turm aufbauen. Die Höhenentwicklung des Komplexes, dessen Planung die Gesellschaften La Compagnie de Phalsbourg und REI Habitat laut Aussage der Architekten demnächst beauftragen wollen, soll die städtebauliche Umgebung widerspiegeln und schließlich an höchster Stelle wie ein Portal zur Pariser Innenstadt enden. Trotz der Anspielung aufs Rurale ist das Projekt also doch recht urban gedacht. (sj)
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André S. | 14.05.2018 09:09 UhrRural?
Toll!
Durchsichtige Wohnungen, Grillroste auf Streichhölzern, Bäume die aus Betonplatten wachsen, schwebende junge Frauen und überall strahlendes Weiß...
ich bin gespannt, wie man das realisiert.