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06.12.2017

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Buchtipp: Stadtportraits

Fotobuchverlag The Velvet Cell


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Stadtliebhaber bekommen beim Blick in das Programm des Independent-Verlags The Velvet Cell Herzklopfen. Hier erscheinen Fotobücher in limitierter Auflage zum Thema Stadt und Architektur, unter anderem die Reihe „City Diaries“ des Fotografen Peter Bialobrzeski. Er ist bekannt für seine detailreichen Aufnahmen vielschichtiger globaler Stadtstrukturen. Der Gründer und Betreiber des kleinen Verlags Éanna de Fréine stammt aus Irland. Er ist selbst Fotograf – und Stadtenthusiast.

Hongkong, Shanghai, Jakarta, Kalkutta, Singapur, Bangkok, Kuala Lumpur – Peter Bialobrzeski hat all diese Megastädte mit seiner Kamera durchwandert. Seine Bilder zeigen phantasmatische Stadtlandschaften und urbane Dichte par excellence: Hochhauswälder, Neonreklamen, temporäre und informelle Architekturen, wuselige Straßensituationen. Der Fotograf findet seine Motive bevorzugt in den sich in rasantem Tempo verändernden Agglomerationen Asiens, aber auch in heimischen Provinzmetropolen. Was ihn interessiert, sind die unspektakulären und beiläufigen Ecken.

Städte im Taschenbuchformat


Zu Bialobrzeskis Arbeit erschienen bereits zahlreiche Publikationen. Meist sind es Hochglanzbildbände, die die Fotografien edel-distanziert in Szene setzen. Die Buchreihe „City Diaries“ bei The Velvet Cell kommt kleiner und weniger prätentiös daher, dafür umso intensiver in der Wahrnehmung. Ein im Offsetverfahren gedruckter Buchblock im charmanten Taschenbuchformat mit einer offenliegenden Fadenheftung versammelt randlose, doppelseitige Abbildungen. Sie folgen ohne weiße Pausen aufeinander und verschwimmen beim Durchblättern zu einem visuellen Stream. Tagebucheinträge des Fotografen stimmen den Betrachter auf eine Atmosphäre ein, die im folgenden Fluss der Bilder mitschwingt.

Fünf Stationen umfasst die „City Diaries“-Reihe mittlerweile: Kairo, Athen, Taipeh, das südindische Kochi und – Wolfsburg. Hier wuchs der 1961 geborene Peter Bialobrzeski auf. Als er 2015 nach langer Zeit zurückkehrt, hat sich seine frühere Heimat stark verändert, obgleich der weit verbreitete Eklektizimus rein optisch noch immer an die Achtzigerjahre erinnert. Doch heute lässt ihn Wolfsburg nicht mehr wie damals an einen „sozialistischen Traum“ denken, schreibt der Fotograf in seinen Tagebuchnotizen. Das frühere Gefühl, alle könnten teilnehmen und jeder Arbeiter sich auch das Auto leisten, das er baut, sei verflogen. Stattdessen: Abgasskandal bei VW, Spielkasinos und 1-Euro-Shops wo einst Hertie war, keine Bars mehr, aber dafür ein VW-Themenpark mit strengen Fotoauflagen.

Das „Kairo Diary“ wiederum ist durchzogen vom Farbton Beige. Die Stadt scheint unter einem Schleier aus feinem Staub und Dunst zu liegen. Die Sehnsucht nach frischer Luft wird spürbar, die die Bewohner auf Dächer und Hügel treibt, und immer wieder stehen mit schützenden Überzügen verhüllte Autos wie Skulpturen im Straßenraum. In Kochi dagegen bilden pastellige Bonbonfarben und geometrische Formen die Wegmarken im labyrinthischen Wildwuchs der niedrigen Häuserstrukturen mit ruinösem Charme. Ein Gewirr von Kabeln und Masten durchzieht die engen Straßen. Es taucht stellenweise auch in Taipeh wieder auf, wo sich zudem an jeder Ecke große Werbestrukturen ins Bild drängen, hinter denen manch ein Haus fast verschwindet.

Éanna de Fréine
, der The Velvet Cell betreibt, hat mit eigenen Bildern ebenfalls ein Buch über Taipeh gemacht: „Tales from Beneath the Arches“. Während Bialobrzeski in ein enges Wohnviertel eintaucht, fokussiert de Fréine auf die Hochautobahnen, die die Stadt wie ein Betonnetz überziehen und sich ineinander verschlingen. Unterhalb dieser monströsen Strukturen entwickelte sich ein Mikrokosmos aus provisorischen Buden, Treffpunkten, Sportplätzen und Gemüsegärten. Das Buch zeigt nicht nur, wie brutal der Verkehr den öffentlichen Raum der Stadt durchschneidet, sondern auch, wie die Bewohner scheinbar verlorene Flächen mit Kreativität und Eigeninitiative für ihre Zwecke umnutzen. Verfall und Erneuerung, offizielle Planung und spontane Umdeutung, Bauten, Zeichen, Phänomene – die Bücher von The Velvet Cell sind Entdeckungsreisen in die soziale Landschaft unserer Städte.

Text: Diana Artus

Peter Bialobrzeski, „City Diaries“
The Velvet Cell
104 bzw. 112 Seiten, Softcover,
140 x 210 mm
auf 500 bzw. 1.000 Exemplare limitierte Edition

£ 23


Éanna de Fréine, „Tales from Beneath the Arches“
The Velvet Cell
80 Seiten, Hardcover,
210 x 260 mm
auf 500 Exemplare limitierte Edition

£ 34


Video:


Cairo Diary – Peter Bialobrzeski from Eanna de Freine on Vimeo.



Zum Thema:

thevelvetcell.com


 
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Peter Bialobrzeski, „Kochi Diary“

Peter Bialobrzeski, „Kochi Diary“

Peter Bialobrzeski, „Wolfsburg Diary“

Peter Bialobrzeski, „Wolfsburg Diary“

Peter Bialobrzeski, „Taipei Diary“

Peter Bialobrzeski, „Taipei Diary“

Peter Bialobrzeski, „Kairo Diary“

Peter Bialobrzeski, „Kairo Diary“

Bildergalerie ansehen: 21 Bilder

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