Der Darmstädter Sitz des Chemie- und Pharmaunternehmens Merck, der sich über ein ganzes Quartier um die Frankfurter Straße herum erstreckt, soll schrittweise vom Produktionsstandort zum Technologie- und Wissenscampus entwickelt werden. Im Zentrum dieser Transformation steht ein neues Innovation Center, das jüngst fertiggestellt und vergangene Woche öffentlich vorgestellt wurde. Der Entwurf stammt von HENN (München/Berlin), die bei der Umsetzung mit Bollinger + Grohmann Ingenieure (Berlin), ZWP Ingenieure (Wiesbaden) und den Landschaftsarchitekten Topotek 1 (Berlin) kooperierten.
Von außen präsentiert sich der Neubau als nüchtern-rechtwinkliges Volumen, dessen Orthogonalität Bezug auf die angrenzenden Gebäude nimmt. Durch seine Zurücksetzung von der Straße entstand ein neuer öffentlicher Raum, der Emanuel-Merck-Platz. Der transparenten Fassade mit umlaufenden, geschosshohen Fensterbändern sind offene, vertikale Außenlamellen in unterschiedlichen Winkelstellungen vorgesetzt, um eine dynamische Wirkung zu erzielen.
In dem überraschend bewegten Innenleben materialisiert sich der Begriff „Innovationsfluss“ geradezu sprichwörtlich: Brücken, Treppen und Rampen schwingen förmlich durch die Geschosse, sodass die Ebenen scheinbar nahtlos ineinander übergehen. Auf jedem Level gibt es zwei diagonal gegenüberliegende Arbeitsflächen – der Raum soll sich für die Zusammenarbeit zwischen den Projektgruppen auf kommunikative Weise öffnen. Inspirationsquelle für diese Struktur war ein vierblättriges Kleeblatt. Entlang der Fassade und auf Mezzaninen sind Konzentrations- und Meetingräume angeordnet, das Erdgeschoss nimmt ein Café, eine Lounge und ein Auditorium auf. Darüber hinaus gibt es eine Bibliothek im ersten Obergeschoss sowie eine Werkstatt in der obersten Etage.
Die Stahlbetonverbundkonstruktion mit Spannweiten bis zu 20 Metern ermöglicht stützenfreie Arbeitsflächen. Die Lasten werden von Trägern entlang der Fassaden und von nur vier Innensäulen aufgenommen, deren hochpolierte, spiegelnde Edelstahlhülle sie fast im Raum aufgehen lässt. Um sie herum scheinen die sich kreuzenden Brücken, die das Zentrum des Gebäudes verdichten und die Raumhöhe von sechs Metern über den Arbeitsplätzen auf drei Meter verringern, zu fliegen wie breite Bänder aus Beton.
Über eine Freitreppe ist das Innovation Center mit einem Mitarbeiterrestaurant verbunden, das ebenfalls Teil der Bauaufgabe war und die geschwungene Formensprache weiterführt. Auch hier ist alles im Fluß: gewendelte Treppen, ovale Tresen sowie ein nach Vorbild des Innovationzentrums in der Gebäudemitte verdichteter Raum, der sich zu den Ecken hin weitet. (da)
Fotos: HG Esch
Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen:
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
6
Visionär | 15.05.2018 15:36 UhrJau
Toller Bau. Passt auch gut zu den Nebengebäuden. Durch den vielen Sichtbeton im Inneren, wirkt der Bau aber auch kalt.