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01.07.2021

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Schillernder Gehry in Arles

Fondation LUMA eröffnet Kunstturm


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Das kleine Arles an der Rhône zwischen dem Gebirgszug der Alpilles und der flachen Camarque erfreut sich mit seinen gerade mal 53.000 Einwohnern eines erstaunlichen Kulturmäzenatentums: Vincent van Gogh ließ sich hier einst ob des besonderen Lichts der Provence nieder, weswegen seit 1983 die private Fondation Vincent van Gogh in der Altstadt ein schönes Ausstellungshaus betreibt. Les Rencontres d'Arles sind als Festival für Fotografie ein wichtiges Datum im internationalen Kulturkalender, rege unterstüzt von der Champagnermarke Louis Roederer oder der Schweizer Vermögensverwaltung Pictet Group. Und nun eröffnet Maja Hoffmann, die Filmproduzentin, Kunstsammlerin und Miterbin des Schweizer Pharmakonzerns Hoffmann-La Roche auf einem stillgelegten Werksgelände der französischen Eisenbahngesellschaft SNCF eines der „größten Kulturzentren Europas“, wie es in der F.A.Z. heißt. Das finale, seit 2013 geplante Prestigestück für ihre Fondation LUMA auf dem 27 Hektar messenden Gelände ist nun fertig: ein Turm von Frank O. Gehry persönlich.

Das berühmte provenzalische Licht reflektiert, bricht und flirrt nun in den 11.000 Aluminiumquadern auf der Fassade des Turms, den Gehry und sein Büro Gehry Partners (Los Angeles) als poröse Spirale mit zahlreichen Winkeln und Verdrehungen über acht Stockwerke aus einem gläsernen Sockel herauswinden. Im Inneren dieses Turms mit seinen 15.831 Quadratmetern Nutzfläche sollen in Zukunft Ausstellungsräume, Werkstätten, Forschungseinrichtungen und Ateliers ihren Platz haben. Es wird eine in 56 Meter Höhe gestapelte Kulturproduktionsstätte werden, deren zukünftige Stipendiat*innen dann von den raumhohen Fensterausschüben aus auf die Stadt blicken können. In der historischen Altstadt selbst mit ihren engen Gassen ist die silberne Gehry-Spirale nicht zu sehen, sobald man aber die alte Stadtmauer verlässt, ragt der gedrungene Turm aus der flachen Bebauung Arles allgegenwärtig hervor.

Die historische Architektur der Provence-Stadt zitieren die Architekt*innen mehrfach. Das Format der Kalksteinquader, das noch in den erhaltenen römisch-antiken oder romanischen Bauwerken von Arles auftaucht, gleicht etwa dem der 11.000 Aluminiumquader. Der Alpilles-Kalkstein findet auch Verwendung, besonders sichtbar am massiven Versorgungsschacht auf der stadtabgekehrten Rückseite des Turms, soweit man bei dem schillernden Objekt von einer Rückseite sprechen kann. Vor allem ein zentrales Monument von Arles, nämlich das römische Amphitheater, greifen Gehry und sein kalifornisches Büro auf: Die gläserne Trommel, der riesige Sockel und eigentliches Ausstellungsgebäude, auf dem sich nun der Turm erhebt, nimmt das antike Theater als Maß. Hier, wo sich im Inneren eine spektakuläre Wendeltreppe durch die Etagen zieht, breitet die Fondation LUMA nun ein hochkarätiges Kunstprogramm aus, basierend auf der Sammlung der Familie Hoffmann, erweitert um viele neue Produktionen von etwa Carsten Höller oder Ólafur Elíasson.

Der schillernde 150-Millionen-Euro-Turm, so die offiziellen Angaben, soll auch ökologische Aspekte abdecken: Gehry Partners führen an, das Gebäude für einen minimalen Energieverbrauch geplant zu haben. 2.000 Quadratmeter Photovoltaik sind außen verbaut, ein zentrales Heizsystem mit Biodiesel, automatische Verschattung des Glassockels und ein Durchlüftungssystem im Turm sollen das Projekt eher auf der nachhaltigen Seite des Bauens platzieren. Hauptsächlich Materialien und Firmen aus der Region waren an der Realisierung beteiligt.

Maja Hoffmann ließ seit Ankauf des SNCF-Geländes 2008 die sechs historischen Lokomotiv-Werkstätten stückweise von der Architektin Anabelle Selldorf (Selldorf Architects, New York) zu Ausstellungs- und Bühnenräumlichkeiten, Ateliers und Gastronomie umwandeln. Bereits seit 2014 bespielt die Fondation LUMA die restaurierten Industriebauten. Der Landschaftsgärtner Bas Smets (Bureau Bas Smets, Brüssel) wandelte das Gelände in den Jahren zu einem öffentlichen Park um. Das Beratergremium der Fondation LUMA ist namhaft besetzt: die Kuratorinnen Hans Ulrich Obrist und Beatrix Ruf sowie die Künstler Liam Gillick und Philippe Parreno sind dabei. Der nun als letzte fertiggestellte Turm von Gehry spiegelt so auch einen Geist des gesamten LUMA-Projekts wider: seine hohe Ambition. (sj)

Fotos: Iwan Baan, Adrian Deweerdt, Marc Domage


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

13

STPH | 03.07.2021 10:31 Uhr

...

Ich kenne Arles und finde eine vertikale und ideelle Landmark im sonst horizontalen Industriebereich, auch der hier sanierten Hallen, inzwischen legitim. Siehe auch das erweiterte Bauhausarchiv in Berlin und den leider weggestimmten Turm des Gutenbergmuseums in Mainz.
Zumal die Altstadt nicht betroffen ist und hier ein Nichtort zum Ort werden soll.
Meine Ansicht hat sich hierzu generell geändert mit dem größeren Überblick.
Es geht ja hier um die Großräumigkeit einer Stadt, die durch die motorisierten Straßen bereits entstanden ist und deren Gestaltung. Gewerbegebiete, die im alltäglichen Zusammenhang mit der Stadt erlebt werden.
Hier also ein neuer zeitgemäßer Kirchturm sichtbar ggf. auch von den umliegenden Lavendelfeldern, leider nicht vom B..niveau.

12

Provencale | 02.07.2021 16:19 Uhr

Zum Schandmal von Arles

Danke Katja.Ann! Sie waren dort und haben meinen Eindruck, der sich nur auf Bilder stützt, bestätigt. Auch ich halte die Wiedernutzung der alten Hallen - wie Captain Kirk anmerkt - für einen geglückter Beitrag zur Neubelebung des Ortes.

Leider trägt das missglückte Produkt des Büros Gehry zum Misskredit des ganzen Projekts bei. Sehr, sehr schade ist, dass so viel Geld ein so miserables Produkt hervorgebracht hat und dass es die Region beschmutzt anstatt- wiorauf Frauke berechtigterweise hinweist- die akuten gesellschaftlichen Fragen in der Provinz zu thematisieren.

11

KatjaAnn | 02.07.2021 14:49 Uhr

Schade, schade

Ich war gestern dort und bin enttäuscht und verärgert.

Der Park ist großartig, die alten Hallen sind super.

Aber warum dieser Turm? Eine Materialschlacht, kein ersichtliches Konzept für die Innenräume, auch nicht wirklich gut ausgeführt, viel zu grob und brutal. Ich liebe das skulpturale Vitra Design Museum, Gehrys ersten Bau in Europa. Aber hier erinnert mich der Bau an ein zu kurz geratenes schlechtes Bank- oder Verwaltungsgebäude. Keine Eleganz. Viel zu viel Treppenhaus und Aufzüge. Und wo bleibt die Wegeführung? Man hat das Gefühl, die Kunstwerke werden hinter schweren Türen in annektierte Räume verschoben. Schade für die Kunst! Es gibt so viele schöne Museen. Eine gewisse Demut oder etwas Bescheidenheit hätte hier dem Ausstellen von Kunst gut getan. Dass es möglich ist, sehen wir an zahlreichen jüngst eröffneten Museen.

10

Frauke | 02.07.2021 14:37 Uhr

" The days of this society is numbered "

Rirkrit Tiravanija, 2014
Medium
Acrylic and newspaper on linen
Dimensions
87 x 84 1/2" (221 x 214.6 cm)

Schönes Piece auf Foto 15-16!
Wenn man sich die Kommentare hier anschaut, scheint ein Gehry in der Kleinstadt ja tatsächlich direkt in die gesellschaftliche Abyss zu führen...


9

Anton Schedlbauer | 02.07.2021 13:10 Uhr

Vier Gebäude

Zwei Gebäude übereinander und dann noch mal zwei nebeneinander obendrauf.

Ein Episodenfilm ohne Thema.

8

Captain Kirk | 02.07.2021 11:34 Uhr

Genius Loci?

Was hat der verchromte Misthaufen mit Arles zu tun? Oder anders gefragt: Spiegelt der neue Zollhof in Düsseldorf, oder die vielen anderen polierten Gehrys auch das provenzalische Licht?
Mit einer behutsamen und nachhaltigen Sanierung der SNCF-Hallen hätte das Projekt tatsächlich ein Beitrag zu aktuellen Themen wie "Urban Mining" und ökologisch vertretbarem Stadtwachstum sein können.
Mit Gehrys ausgesprochen schlecht gestaltetem Wulst ist leider nur ein Monument der Hybris von Bauherrin und Architekt entstanden.
Der Versuch sich mit ein paar Solarzellen auch noch ein grünes Mäntelchen umzuhängen ist nur noch peinlich.

7

Frauke | 02.07.2021 10:30 Uhr

Provence-Provinz

Danke Maja!
Viele gesellschaftliche Fragen dieses Jahrzents werden in der Provinz verhandelt werden und solche Kultur Leuchtturm Projekte bringen einen wertvollen Beitrag hierzu.

Man kann sicherlich vieles im Detail kritiseren aber ein Projekt dieses Maßstabs hier anzugehen und durchzuziehen finde ich persönlich allein als Case Study extrem spannend.

6

captain ahab | 01.07.2021 19:42 Uhr

bullshit

so viel bullshit auf einem haufen habe ich schon lange nicht mehr gesehen, man kann doch hier nicht von genius locii reden, da haben die hybris und die kohle von frau hoffman und die unverschämtheit und beliebigkeit von verpackungsleuten (i´m in the wrapping industry-ghery und konsorten) die stadtväter*mütter*innen leider um den finger (äh - nein um den geldschein) gewickelt und herausgekommen ist ein monster, man sollte das spreng-kommando bestellen

5

STPH | 01.07.2021 18:17 Uhr

....

Wie gesagt, wenn die Kaskade das Licht feiert das so viele Maler hierhergelockt hat, dann bereichert sie auch diesen an Kulturschätzen reichen Ort. Ausgangspunkt ist immer der genius loci und wer den nicht erfasst für den bleibt alles blind. Das Aussen ist nämlich der Raum und nicht das Gebäude und innen auch.

4

Provencale | 01.07.2021 17:29 Uhr

Hoppla, is da noch wer?

Ob die Kreation von F. Gehry zu Arles passt, ob sie den Geist des Ortes aufgreift, ihn neu interpretiert oder ihn vielmehr verhöhnt, das kann ich nicht beurteilen. Dazu müsste ich an Ort und Stelle sein. Meinem Eindruck nach gehört der "Turm" dennoch zu jenen gegenwärtigen Bauten, die keine Referenz an den Ort sind. Er wirkt brutal, Geste der Aneignung, um nicht zu sagen Faust-Recken "alle mal herhören, jetzt bin ich hier". Proportion, Umgebung, Ort - nix da. Hauptsache, ein neues Markenzeichen. Die Faselei vom Licht der Provence ist geschenkt: Worthülsen – Verkehrsgeräusch

3

Marc Sautter | 01.07.2021 16:51 Uhr

Einfügung

Ich hätte den Eisberg ja ins Amphitheater gestellt...

2

auch ein | 01.07.2021 16:51 Uhr

architekt

also ich mag gehrys alte sperrholz-draht-gipsverhaue sehr gern.
al es dann grösser wurde und zur "marke" wurde es beliebiger.

bei VITRA dann verputz um die nudel.

dann das hochhaus in new york mit bischen rundgelutschten "gehry-like" fassaden.

und jetzt als aktuelles projekt diese komische funkelte warze auf einem bestand, weithin sichtbar als beliebig hingeworfenes branding für einen architekturzoo...

einfach schrecklich gemacht!

1

Kla | 01.07.2021 16:19 Uhr

Gehry in Arles

Ich muss dich loben Hässliches, du hast so was Verlässliches.

 
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Über dem einstigen, 27 Hektar großen Werksgelände der SNCF funkelt nun der Gehry-Turm, das zentrale Bauwerk der Fondation LUMA.

Über dem einstigen, 27 Hektar großen Werksgelände der SNCF funkelt nun der Gehry-Turm, das zentrale Bauwerk der Fondation LUMA.

11.000 Aluminiumquader und 2.000 Quadratmeter Photovoltaik verbauten Gehry Partners auf der schillernden Fassade des Turms.

11.000 Aluminiumquader und 2.000 Quadratmeter Photovoltaik verbauten Gehry Partners auf der schillernden Fassade des Turms.

Eine Wendeltreppe zeichnet den runden Glassockel nach.

Eine Wendeltreppe zeichnet den runden Glassockel nach.

Auf weite Sicht ragt der Turm über die historische Altstadt von Arles hinaus.

Auf weite Sicht ragt der Turm über die historische Altstadt von Arles hinaus.

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