Kaum zu glauben, dass der SANAA-Kubus am Eingang der Zeche Zollverein in Essen bereits vor mehr als zehn Jahren gebaut wurde. Bis heute beeindruckt das Werk der japanischen Architekten nicht zuletzt mit seinem innovativen, integrierten Klimakonzept: Die Heizung befindet sich in der tragenden Betonhülle, die eine freie Einteilung der quadratischen Nutzfläche ermöglicht. Die Folkwang Universität der Künste, die den fünfgeschossigen Kubus seit 2010 nutzt, hat sich seither vergrößert. Mit der Folkwang-Bibliothek, die auch den Universitätsbestand übernahm, erhielt die Einrichtung 2012 ein weiteres Architektur-Highlight. Nun wurde ein neues Bauwerk fertiggestellt, das endlich einen Teil der verstreuten Universitätsstandorte auf dem Zollverein-Gelände zusammen führen soll.
Bereits 2010 hatten MGF Architekten (Stuttgart) zusammen mit Wenzel + Wenzel Architekten (Frankfurt am Main) den Wettbewerb für diesen Standort an der geplanten „Designstadt“ inmitten des UNESCO-Welterbes gewonnen. 2015 konnten die Bautätigkeiten endlich aufgenommen werden. Die Eröffnung soll am 26. Oktober 2017 stattfinden. Als Bauherr vermietet die Welterbe Entwicklungsgesellschaft das Gebäude für 20 Jahre an die Universität.
Wer angesichts des berühmten Nachbarn eine ähnlich experimentelle Architektur erwartet, wird zunächst enttäuscht. Der langgestreckte Gebäuderiegel ist in vier Abschnitte gegliedert und mit einer einheitlichen Fassade versehen. Durch bündige Fensterbänder soll sie einen Bezug zur vorhandenen Industriearchitektur herstellen. Die Aufgänge im Atrium erinnern in ihrere Form an die Treppen im Ruhr Museum – 2010 in der ehemaligen Kohlewäsche auf Zollverein von HG Merz Architekten eingerichtet –, in dem die orangenen Treppenbrüstungen wie Glut durch die Hallen zu fließen scheinen. Im Neubau von MGF dagegen sind die Brüstungen grau. Grau wirkt auch die Fassade aus verzinkten Platten aus Stahlbech.
Für diese Sachlichkeit gibt es einen Grund: Der SANAA-Kubus gilt zwar als innovativ, hat sich jedoch als extrem unwirtschaftlich erwiesen. Die private Hochschule, die ihn ursprünglich nutzte, ist inzwischen pleite. Der offene Grundriss ist für die Nutzung durch darstellende Künstler und Musiker nur bedingt geeignet. Insofern ist der Neubau vielleicht wirklich das, was dem Standort fehlt: Ein zweckmäßiger Bau für den alltäglichen Gebrauch. Als Teil der Designstadt soll er Leben ins Quartier bringen. Hier sind auch Wohnungen und die Ansiedlung von „Designgewerbe“ geplant. Die Kunst darf sich also vor eher neutralem Architekturhintergrund entfalten. (dd)
Fotos: Friedhelm Krischer
Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen:
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
2
junger Architekt | 25.04.2018 16:49 UhrWo ist die Architektur
Das Gebäude sieht auf den ersten Blick aus wie eine Schule aus den 70 er Jahren die bereit ist, zurückgebaut zu werden. Aus den fassadenbündigen Fenstern des benachbarten Industriebaus das architektonische Prinzip für die Gestaltung des Neubaus abzuleiten ist so als würde man eine Universität mit einem Industriebau vergleichen wollen.
Dieses krampfhafte Suchen nach Themen stellt meiner Meinung nach nur die Unbeholfenheit dar, mit der versucht wird sich nicht mit Architektur auseinanrsetzten zu müssen.
Wer möchte in diesem Gebäude studieren?