Der Bauherr ist der aktuell reichweitenstärkste Vermittler der Reisebranche. Der Standort ist eine unter dem Massentourismus leidende Stadt. Das planende Büro ist in Deutschland für das Mercedes-Benz-Museum, das Hochhaus Four in Frankfurt am Main und exklusive Wohnungen in München bekannt. Wie passt eine solche Konstellation in die Debatten um Nachhaltigkeit und bezahlbaren Wohnraum?
In der frisch eröffneten Europazentrale des Onlinedienstleisters booking.com von UNStudio in Amsterdam finden sich erwartbare Antworten: Viel Holz, viele Pflanzen, viel Licht, viel Interior Design. Es ist eine Atmosphäre, die derzeit nicht wenige Neubauten von Unternehmen vermitteln, die um den gut ausgebildeten, jungen Nachwuchs buhlen. Ja, die Zeiten haben sich geändert. Vor allem in der Tech-Branche. Jahrelang arbeiteten die Leute im Stahl-Glas-Bürohauseinerlei des Silicon Valley, bis die großen Namen der Architekturwelt ihnen Bauten entwarfen, in denen das Arbeiten am Rechner auf den ersten Blick wie ein Freizeitvergnügen wirkt.
Die Bilder vom City Campus Booking.com in Amsterdam leuchten nun jeden Winkel dieser schönen neuen Bürowelt aus. Der Komplex steht an der Spitze des Oosterdokseiland, zehn Minuten Fußweg vom Amsterdamer Hauptbahnhof entfernt. Schließlich muss ein solches Haus gut erreichbar sein für die besten Köpfe der Branche, die umweltverträglich unterwegs sein möchten und kurze Wege bevorzugen. Tatsächlich lässt sich UNStudio-Architekt Ben van Berkel mit den Worten zitieren: „Wir wollten ein Gebäude schaffen, das auch als Rekrutierungsmaschine fungiert. Der Fokus lag darauf, die Bedürfnisse der Mitarbeiter zu bedienen, von dem Moment an, in dem sie das Gebäude betreten, bis zum Ende ihres Arbeitstages und alle Aktivitäten dazwischen.“
Wie dieses Bedürfnis aussieht, zeigt sich in den einzelnen Büroetagen. Entsprechend der Leitlinien von HofmanDujardin wurden sie jeweils von einem Designbüro gestaltet: CBRE Design Collective, i29 interior architects, Linehouse, Studio Modijefsky und UNStudio selbst schufen so eine Atmosphäre, die Mitarbeitende laut einem Bericht der FAZ als „halb Flughafen halb Resorthotel“ bezeichnen.
Neben den 65.000 Quadratmetern Bürofläche und 27.000 Quadratmetern unterirdischer Parkfläche für Autos und 2.500 Fahrräder umfasst das Projekt schließlich auch 7.500 Quadratmeter Wohnfläche. Die 41 sogenannten ODE Apartments gibt es in sechs verschiedenen Größen zwischen 67 und 300 Quadratmetern. Gestaltet wurden sie von Ontwerpplek, interior design. Ob sie ebenfalls dem Recruiting von Mitarbeiter*innen dienen, als Eigentumswohnungen der Finanzierung des Baus geholfen haben oder die Auflagen der Stadt Amsterdam nach Wohnraum im Gegenzug für das Baurecht erfüllen, bleibt offen. (fm)
Fotos: Hufton + Crow, Stijn Poelstra, Matthijs von Roon, Ewout Huibers, Jordi Huisman, Scholten Baijings, Maarten Willemstein
Zum Thema:
oosterdokseiland.nl
Das Unternehmen Booking.com hatte sich vor zwei Jahren im nordfranzösischen Tourcoing eine Kundendienstzentrale errichten lassen.
Auf Karte zeigen:
Google Maps
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
7
Anton Schedlbauer | 12.08.2023 13:40 UhrWarum sind keine Arbeitsplätze abgebildet?
Ich würde mal vermuten, dass sich hinter der (schönen) Fassade am Ende doch nur Großraumbüros verbergen.