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25.06.2024

Sommerkino aus 53 Ländern

Filmfest München 2024


Am Freitag beginnt das Filmfest München. Vom 28. Juni bis zum 7. Juli feiern rund 150 Filme aus 53 Ländern hier ihre Deutschlandpremiere. Thematisch decken die Filme die gesamte Bandbreite menschlichen und gesellschaftlichen Lebens ab. Unsere Filmtipps stellen eine Auswahl mit Stadt- und Architekturbezug vor.

Balomania

Sterne fliegen aus der Favela in den Nachthimmel über São Paulo – das Werk der Baloeiros. In mühevoller Feinarbeit fertigen sie in den informellen Siedlungen Brasiliens Ballons aus Seidenpapier mit spektakulären, bunten Designs. Diese bis zu 70 Meter hohen Kunstwerke müssen sie allerdings im Geheimen in die Luft steigen lassen. Denn die Behörden stufen die Ballons als gefährlich ein. Bis zu acht Jahre Gefängnis drohen den Baloerios. Diese Repression zeugt auch von der symbolischen Bedeutung der temporären Aneignung des Großstadthimmels durch eine in der Stadtgesellschaft und -politik marginalisierte Gruppe. Die Regisseurin Sissel Dargis Morell hat die Baloeiros über zehn Jahre begleitet und einen beeindruckenden Dokumentarfilm über die hierzulande unbekannte urbane Kunst der illegalen Heißluftballons geschaffen, der auf dem Filmfest in der Sektion International Independents läuft.

Regie: Sissel Morell Dargis
Dänemark/Spanien 2024
93 Minuten
Portugiesisch, OmeU

Screenings:
Sonntag, 30. Juni, 17 Uhr im Rio und Montag, 1. Juli, 18.30 Uhr im HFF Kino


Micha denkt groß

Der Sommer in Klein-Schlappleben ist heiß und trocken. Das fiktive Dorf in Sachsen-Anhalt gilt als Dürre-Hotspot und ist zugleich Sehnsuchtsort des Selfmade-Unternehmers Micha, der hier aufgewachsen ist und nun zurückkehrt. Er plant, die marode Pension seiner Eltern in ein Luxushotel mit Pool und Wellnessangeboten für gestresste Großstädter*innen umzubauen. Die Dorfgemeinschaft begegnet diesen größenwahnsinnigen Plänen skeptisch, trotz Michas Versprechen von Wohlstand und Jobs. Und dann versiegt mit einem Mal auch noch das Grundwasser … In der Sektion Neues Deutsches Fernsehen verspricht der Film der Regisseure Lars Jessen und Jan Georg Schütte mit Charly Hübner in der Hauptrolle eine leichte Sommerkomödie und unterhaltsame Persiflage auf größenwahnsinnige Planungsfantasien in der deutschen Provinz.

Regie: Lars Jessen, Jan Georg Schütte
Deutschland 2023
88 Minuten
Deutsch, OV

Screenings: Sonntag, 30. Juni, 11 Uhr und Astor Film Lounge, 4. Juli, 12 Uhr im HFF Audimax


Three Windows on South West

Drei Fenster im obersten Stock eines Hochhauses dienen der ukrainischen Regisseurin Mariia Ponomarova als Ausgangspunkt, um über ihr Aufwachsen in Kiew nachzudenken. Denn dahinter lag einst ihr Zuhause. Ein Foto der Fassade weckt in Gesprächen Erinnerungen an die gemeinsam verbrachte Zeit. Als Zuschauende blicken wir von außen in das vorgestellte Innen. Der ruhige Blick auf die Fassade trotzt den aktuellen Bildern zerstörter Stadtlandschaften, ebenso wie Ponomarovas Erinnerungen ihr helfen, sich gegen die Kriegsrealität zu behaupten. Der Kurzfilm ist Teil der diesjährigen Sonderreihe Focus on Ukraine, die aktuelles Filmschaffen des Landes beleuchtet und die Bedeutung individueller und kollektiver Auseinandersetzung mit dem Krieg hervorhebt.

Regie: Mariia Ponomarova
Ukraine, Niederlande, 2023
8 min
Ukrainisch, Russich, OmeU

Screening zusammen mit anderen Kurzfilmen am Montag, 1. Juli, 21.30 Uhr im HFF Kino


O Chale

Auch in diesem Film der Sektion Neues Deutsches Kino geht es um das Erwachsenwerden. Jan Hendrik Lübbers Debütfilm begleitet vier Protagonist*innen durch die Straßen Accras. Von der Arbeit auf der Baustelle oder in einem Straßengeschäft führen ihre Wege durch verschiedene Nachbarschaften mehr oder weniger direkt auf den Basketballplatz. Dieser dient ihnen als Treffpunkt und Ort, um den Alltag spielerisch hinter sich zu lassen. Auf ihren Streifzügen durch die ghanaische Hauptstadt erfährt man auch von ihren Zukunftswünschen und Sorgen angesichts komplexer Familienverhältnisse und traditioneller Geschlechterrollen.

Regie: Jan Hendrik Lübbers
Deutschland, 2024
92 min
Englisch, Ewe, Ga, ghanaisches Pidgin, Hausa, Twi, OmeU

Screenings: Dienstag, 2. Juli, 16 Uhr im City Kino sowie Donnerstag, 4. Juli, 18.30 Uhr und Samstag, 6. Juli, 20 Uhr im HFF Kino


Empfänger Unbekannt

Die Reihe Hommage: Sohrab Shahid Saless würdigt das Werk des verstorbenen iranischen Filmemachers, der 1974 nach Deutschland emigrierte. Anlässlich von Saless’ 80. Geburtstag werden drei seiner Filme gezeigt, die sich vor allem mit der deutschen Vergangenheit beschäftigen. Empfänger Unbekannt lief 1983 auf der Berlinale. Der Film erzählt die Geschichte einer Frau, die ihre Familie und das Eigenheim auf dem Land verlässt, um mit einem türkischen Architekten in West-Berlin zu leben. Hier ist sie erstmals mit dem bundesrepublikanischen Rassismus und Diskriminierungserfahrungen konfrontiert. Architekturwahrnehmungen reflektieren die gesellschaftliche Kälte: „Eine Welt, deren Hauptelemente Stahl, Glas, Beton, Asphalt, Autoblech, längst bedrohlich, längst zu Elementen der Krise geworden sind.“ Als wiederkehrendes Erzählmotiv und Mahnmal für die Geschichte einer in mehrfacher Hinsicht geteilten Gesellschaft dient die Berliner Mauer. Saless dokumentiert in diesem Film nicht nur den zunehmenden Rassismus am Ende des Wirtschaftsaufschwungs Anfang der 1980er-Jahre, sondern zieht auch explizite Verbindungen zur NS-Zeit. Ein wichtiger Film, gerade in aktuellen Zeiten.

Regie: Sohrab Shahid Saless
Bundesrepublik Deutschland, 1983
80 Minuten
Deutsch, OV

Screenings: Dienstag, 2. Juli, 16.30 Uhr im NS-Dokumentationszentrum und Freitag, 5. Juli, 17 Uhr im Filmmuseum, jeweils mit anschließendem Gespräch

Auswahl und Text: Hannah Strothmann


Zum Thema:

Der Kauf von Tickets ist online sowie an den Festivalkassen möglich. Das gesamte Programm gibt es unter filmfest-muenchen.de.


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Filmstill aus „Micha denkt groß“

Filmstill aus „Micha denkt groß“

Filmstill aus „Balomania“

Filmstill aus „Balomania“

Filmstill von „O Chale“

Filmstill von „O Chale“

Filmstille von „Empfänger unbekannt“

Filmstille von „Empfänger unbekannt“

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