Dass traditionelle Baustile in der zeitgenössischen Architektur neu interpretiert werden, ist geläufig. Das Büro Yonder aus Stuttgart allerdings hat da eine recht radikale Methode gefunden, Altes neu zu deuten. Für ein Ferienhaus im Allgäu zitiert das Studio von den Architekten Katja Knaus und Benedikt Bosch einen traditionellen Wohnhaustypus mit flachem Satteldach und verwendet für Konstruktion und Fassade, ganz nach regionalem Brauch, Holz. Doch schneiden die Architekten einfach eine breite Tranche aus dem Baukörper heraus. Das traditionelle Haus teilen sie in zwei Bereiche: ein Wohnhaus und einen Lagerschuppen. Und die „Schnittfläche“ zum Wohnbau winkeln die Architekten zusammen mit den Tragwerksplanern str.ucture derart an, dass sich die Außenwand kräftig in den Hof neigt.
Tritt die Hoffront mit gekappter Form und abgeflammter Holzlatten-Verkleidung so kompromisslos und markant auf, ist die Fassade am Berghang vergleichsweise orthodox gestaltet. Hier strukturieren die Fenster die quaderartig hervortretende Hangseite des Baus. Über beide Etagen im gleichen Format zusammengestellt, bilden die Fenster im oberen Stockwerk ein ganzes Band und im unteren – erneut mit dem Motiv des Ausschneidens spielend – zwei Gruppen.
Innen gibt der Blick auf die Landschaft die Raumaufteilung vor. Die öffentlichen Zimmer, die über eine Galerie verbunden sind, befinden sich im oberen Geschoss und unterm Dach, während die privaten Räumlichkeiten im zurückgezogenen Untergeschoss angelegt sind. Interessant ist das Treppenkonzept: Eine schmale Treppe, mittig auf den Grundriss gesetzt, verbindet das Sockelgeschoss mit dem Obergeschoss, während die Stiege zum Dach offen und an der Seite des Baus angelegt ist, sogar weit daraus hervorragt. Das ist erneut ein solcher Yonder’scher Kniff: Architektonische Elemente ausschneiden und versetzen oder eben ganz weglassen. (sj)
Fotos: Brigida González, Rena Lorenz