Gleich in drei Kategorien wurde der auf dem Education City Campus in Katar bereits 2015 fertiggestellte Neubau der Fakultät für Islamische Studien beim American Architecture Prize 2017 ausgezeichnet. Die vom Londoner Büro Mangera Yvars Architects (MYAA) entworfene Qatar Faculty of Islamic Studies (QFIS) gewann in den Rubriken Bildungsgebäude, Kulturgebäude und Institutionsgebäude.
Der 41.000 Quadratmeter große Universitätsbau, der auch die Campus-Moschee aufnimmt, basiert auf dem islamischen Begriff Kulliyya. Wortwörtlich bedeutet er so viel wie Vollständigkeit und steht für einen Ort, an dem nach allumfassenden Wissen gestrebt wird. Ihm liegt außerdem der Gedanke einer engen, einander durchdringenden Verknüpfung von Wissen und Glauben zugrunde. Der kreisförmige Grundriss und die direkte Verbindung der Fakultät mit der Moschee in einem Baukörper sind von diesem Konzept inspiriert: Durch die der wissenschaftlichen Erkenntnis gewidmeten Räume hindurch gelangt man zum Ort des Gebets.
Die voluminöse, biomorph geformte Moschee ruht auf fünf breiten Stützen, die auf die „fünf Säulen des Islam“ – Glaubensbekenntnis, Gebet, Fasten, Unterstützung Bedürftiger und Pilgerfahrt nach Mekka – verweisen und mit aus Koranversen bestehenden Reliefs geschmückt sind. Zugleich fungiert der so entstandene Raum unterhalb des Gebetshauses als Eingangsbereich der Fakultät, die im mittleren Abschnitt des Baukörpers liegt. Hier befinden sich eine Bibliothek, Büros und die Klassenräume, auch ein außenliegender, terrassierter islamischer Garten und ein mit kalligraphischen Zeichen verzierter Innenhof gehören zum Ensemble. Den Kulminationspunkt des Baukörpers bilden zwei 90 Meter hohe Minarette, die dynamisch und selbstbewusst in den Himmel ragen und symbolisch für „Wissen“ und „Erleuchtung“ stehen. Sie lassen den Bau zur weithin sichtbaren Landmarke werden.
Auch in puncto Nachhaltigkeit setzt das Gebäude Maßstäbe, insbesondere was die Kühlung betrifft: Eine ornamental-dekorative Keramikverkleidung reduziert die Wärme im Gebäudeinneren und lässt zugleich ausreichend Tageslicht hinein. Die nach Süden ausgerichtete Moschee sorgt für eine großflächige Beschattung der Anlage, ebenso bietet der unter ihr liegende Eingangsbereich einen permanent sonnengeschützten und auf natürliche Weise temperierten Raum. Die Klassenräume verfügen ebenfalls über schattig-kühle Höfe, und auch der Garten, der in Form eines Amphitheaters einen Unterricht im Freien ermöglicht, trägt zu einem angenehmen Mikroklima bei.
Neben ihrer baulichen Qualität offeriert die QFIS zudem auf eine in der muslimischen Welt bisher einzigartige Weise einen gleichberechtigten Zugang für Studenten und Studentinnen und einen nicht hierarchisch organisierten Raum des gemeinsamen Lernens, der Konzentration und Kontemplation für alle. Damit platziert sie sich nicht nur im architektonischen Spitzenfeld, sondern wird auch zur Vorreiterin einer progressiven islamischen Pädagogik. (da)
Fotos: MYAA & Qatar Foundation
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