Italienische Architektur schien sich bislang ein wenig gegen das Bauen in Holz gewehrt zu haben. In letzter Zeit verzeichnet das Material jedoch auch dort einen Aufschwung. Kürzlich stellten etwa Filippo Taidelli Architetto FTA (Mailand) ein neues Fakultätsgebäude für die Humanitas University fertig, das auf einem sichtbar belassenen Holzskelett basiert. Das Roberto Rocca Innovation Building erweitert die private Universität für biomedizinische Wissenschaften in Pieve Emanuele am Rande Mailands und entstand in Zusammenarbeit mit der Politecnico di Milano.
Den bestehenden Campus der Humanitas entwarfen ebenfalls FTA. Anders als die beigen, eher geschlossenen Kästen des Bestands gestalteten sie den dreigeschossigen Neubau als gläsernen Körper. Er dient als Sitz eines neu eingerichteten Studiengangs für Medizin und Biomedizintechnik (MEDTEC School). Für die Architekt*innen bestand die Aufgabe beim Entwurf unter anderem darin, mit der ständigen Innovation „im Kontext von hoch entwickelten Technologien, künstlicher Intelligenz und Präzisionsmedizin“ konzeptuell und baulich Schritt zu halten, wie sie betonen.
Taidelli bezeichnet das Gebäude als „Wissenshangar“. Er meint damit die flexible Grundstruktur, die sich sowohl dem neuesten Stand der Wissenschaft als auch veränderten Bedürfnissen der Nutzer*innen anpassen könne. In der Mitte des Hauses schufen die Architekt*innen über die gesamte Höhe eine Halle mit Galerien und offenen Treppen. Um diesen kommunikativen Raum herum ordneten sie auf insgesamt 6.000 Quadratmetern Fläche verschiedene Arbeitsbereiche an: flexible Lehrräume mit beweglichen Wänden und Möbeln im Erdgeschoss, ein KI-Center und 3D-Druck-Labore eine Etage darüber, Verwaltungsbüros ganz oben und Labore für Präzisionsoptik im Keller.
Während die farbige Ausstattung innen zu einem etwas unruhigen Bild führt, wirkt der Bau außen wie ein leichter, fast entmaterialisierter Pavillon. Das liegt einerseits an der allumfassenden Verglasung, jedoch ebenso an der morphologischen Gestaltung. Das weit auskragende mittlere Geschoss wird von einer doppelten Glashülle umschlossen, deren per Siebdruck aufgetragene Nadelstreifenoptik den Eindruck eines dunklen Glaskastens verhindert. Gleichzeitig dient die Doppelfassade der energetischen Performance des Hauses. Nicht nur verschattet die Auskragung das Erdgeschoss, mithilfe des Kamineffekts im Zwischenraum soll sie auch für ein angenehmes Raumklima sorgen.
Zum pavillonartigen Erscheinung tragen auch das weit zurückversetzte oberste Geschoss und dessen Brise Soleil aus Stahlgittern bei. Zudem legten FTA hier eine großzügige Terrasse an. Das Dach ist mit Photovoltaik-Paneelen versehen, die Gebäudeenergie wird per Geothermie bereitgestellt. Die Baukosten geben die Architekt*innen mit 18 Millionen Euro an. (mh)
Fotos: Giovanni Hänninen
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