Im Zuge der Neugestaltung des Nelson-Mandela-Platzes, am Südausgang des Nürnberger Hauptbahnhofs gelegen, entwickelte das ortsansässige Büro SRAP Sedlak Rissland Architekten in enger Kooperation mit der Stadt das erste Fahrradparkhaus Nürnbergs. Primär entworfen, um der zunehmenden Menge an Fahrrädern Rechnung zu tragen, handelt es sich bei dem Projekt jedoch nicht um einen bloßen Funktionsbau, was sich auch an seinem Kontext zeigt: Es komplettiert einen transformierten Stadtplatz, auf dem der vormalige PKW-Verkehr durch mehr Aufenthaltsqualität ersetzt wurde.
Statt mit Asphaltflächen und Parkplätzen steht der Nelson-Mandela-Platz nun mit grüner Rasenfläche, Sitzstufen zum Verweilen, schmaleren Straßen, breiteren Radwegen und dem Fahrradspeicher an seiner Nordkante im Zeichen einer nachhaltigen Stadtentwicklung und Mobilitätswende. Die subtile Gestaltung des Neubaus zeigt, dass sich der Anspruch einer leistungsfähigen Infrastruktur allemal mit dem einer ästhetisch qualitätsvollen Architektur vereinbaren lässt. In seiner offenen, zugänglichen Anmutung wird das Parkhaus zu einem niedrigschwelligen und ästhetischen Puzzleteil einer fahrradgerechteren Stadt.
Unaufdringlich, aber wie selbstverständlich liegt der langgestreckte, eingeschossige Riegel über 100 Meter entlang des Bahndamms und fasst den grünen Stadtplatz so mit einer eleganten Kante. Dank optischer Feinsinnigkeit lässt die Fassade die Thematik des Fahrrads über das Abstellen desselben hinaus erfahrbar werden: Die an Speichen erinnernden schlanken weißen Stahlstäbe bewirken mittels eines Moiré-Effekts eine sinusartige Wellenbewegung, die abhängig vom Betrachtungsstandpunkt ihre Erscheinung ändert. Dazu wurden die Stahlelemente in zwei Reihen zueinander leicht versetzt und dabei jeweils senkrecht als auch geneigt in der Fassadenkonstruktion angebracht, wodurch sich der optische Schnittpunkt der Stäbe im Sinusverlauf verschiebt. Ein durchlässiges metallisches Netz schließt den Innenraum nach außen hin ab, ohne dabei die Leichtigkeit des pavillonartigen Baus zu beeinträchtigen.
Hinter der eleganten Außenwirkung verbirgt sich ein pragmatisches und dennoch passgenaues Raum- und Tragwerkskonzept. Um einen flexiblen Innenraum zu gewährleisten, fungiert die filigrane Stahlkonstruktion der Fassade gleichzeitig als tragendes Element – die dünnen Rohre wurden dazu mittels horizontaler Flachstahlbänder miteinander verbunden und über regelmäßig positionierte Dachträger an die gegenüberliegenden Stahlstützen angeschlossen. Der helle, hallenartige Innenraum bietet Abstellmöglichkeiten für rund 400 Fahrräder. Zur Platzseite hin weitestgehend frei gehalten, befinden sich die Fahrradbügel wie auch die Service-Räume hauptsächlich an der Rückseite bzw. der Bestandsmauer. Ein Rücksprung unterbricht die homogene Fassade und markiert unaufgeregt die Eingangssituation.
Text: Max Hinz
Fotos: Stefan Meyer
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Oliver | 12.11.2021 09:58 UhrDie haben sich das Tragwerk ausgedacht
@tragraum_ingenieure
Merci!