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30.05.2024

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Neue Architekturschule Siegen

FAKT und Gustav Düsing gewinnen Dialogverfahren


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Eine Architekturschule dürfte wohl die Bauaufgabe schlechthin sein. Immerhin soll dort die nächste Generation von Architekt*innen ihr Handwerk lernen. Wo sonst müssten konzeptueller Anspruch und gebaute Realität näher zusammenliegen? Die Universität Siegen arbeitet derzeit an einem solchen neuen Haus für ihr Architekturinstitut und wählte dafür kürzlich den Entwurf von FAKT und Gustav Düsing (beide Berlin) aus.

Bislang hatte die Uni aus räumlicher Sicht recht wenig mit der Stadt zu tun, liegen die meisten ihrer Gebäude doch auf dem Haardter Berg am Rand Siegens. Ein Teil der Fakultäten soll jedoch umziehen: runter vom buchstäblichen Bildungshügel, rein in die Stadt – so auch das Architekturinstitut. Für dessen neues Zuhause wurde ein innenstädtisches Grundstück direkt an der Weiß erworben, auf dem sich momentan die alte Druckerei der Siegener Zeitung befindet. Dieser zweigeschossige Waschbeton-Skelettbau aus den 1970er Jahren soll nun zur Neuen Architekturschule Siegen transformiert werden.

Die Universität schrieb ein zweistufiges, dialogorientiertes Vergabeverfahren aus. Als ersten Schritt vor dem eigentlichen Wettbewerb initiierte das Architekturinstitut eine Summerschool als partizipative Workshop-Runde. In dieser arbeiteten sechs Teams (bestehend aus ein oder zwei Büros) mit Studierenden und Lehrenden aus dem Mittelbau eine Woche lang zusammen an Konzepten für die neue Architekturschule – inhaltlich wie baulich. Aus den daraus entstandenen Entwürfen wählte die Jury unter Vorsitz von Saskia Hebert drei für die zweite Runde aus, die dann in Form einer Mehrfachbeauftragung durchgeführt wurde. Das Ergebnis in der Übersicht:

  • 1. Platz: FAKT und Gustav Düsing (beide Berlin)

  • 2. Platz: ADEPT (Kopenhagen)

  • 3. Platz: ZRS Architekten und coopdisco (beide Berlin)

In der ersten Runde waren zudem AgwA (Brüssel), Assemble (London) und Hütten & Paläste (Berlin) dabei.

Die Jury entschied sich für einen ambitionierten Entwurf, dessen architektonische Sprache vor Leichtigkeit und räumlicher Offenheit nur so strotzt. Themen, für die die Entwurfsverfasser mittlerweile bekannt sind. FAKT und Düsing setzen dem Bestand zwei Geschosse aus Holz auf, umfangen ihn aber auch mit einer filigranen Stahlkonstruktion. Die Bilder zeigen extrem dünne Bauteile. Wie das möglich ist? Der Großteil der Konstruktion hängt.

Gemeinsam mit schlaich bergermann partner sbp (Stuttgart) entwickelten die Architekt*innen ein vornehmlich auf Zug beanspruchtes Tragwerk. Die umlaufende Wintergarten-Struktur hängt dabei mittels diagonaler Stahlelemente an der Hängedachkonstruktion ganz oben, die wiederum aus einer äußerst dünnen Holzplatte besteht. Möglich sei dieses demontierbare Leichtbau-System unter anderem durch eine statische Entlastung des Bestandsbaus. Die schweren Waschbetonplatten der Fassade sollen teils abgenommen und als Gegengewicht im Gebäude oder Sitzelemente in der landschaftlichen Gestaltung wiederverwendet werden.

Ob diese filigrane Konstruktion in der Umsetzung durchzuhalten ist, wird sich zeigen müssen. Die Erfahrungen aus dem Studierendenhaus in Braunschweig sind da gewissermaßen eine Art Versprechen. Die damit einhergehende gestalterische Qualität habe der Jury aber imponiert, ebenso wie das flexible Raum- und Klimakonzept (gemeinsam mit Transsolar), das vor allem in der äußeren, nicht klimatisierten Pufferzone liegt. Durch vertikale Öffnungen soll im ganzen Haus ein Kamineffekt und damit eine natürliche Lüftung der großzügigen Räume möglich werden. Offenheit und Flexibilität sind hier auf allen Ebenen das Thema: Auch im sogenannten „Cloud Space“ unter dem Dach und dem komplett öffenbaren Erdgeschoss.

Welche Chancen ein Planungsprozess bereithält, der auf diese Weise aus der Universität heraus angestoßen wird, zeigen definitiv auch die übrigen Entwürfe. ZRS und coopdisco entwickelten etwa weniger ein fertiges Gebäude als vielmehr einen Weg dorthin. Konkrete Raumeinteilungen, Funktionen und auch Gestaltungen ließen sie bewusst offen, um den Bau gemeinsam mit Studierenden zu entwickeln, gekoppelt mit der Lehre im und am Haus. Das Konzept dahinter nennt sich Community Based Design, mit dem die Architekt*innen die Urheberschaft der Neuen Architekturschule gewissermaßen auf die tatsächlichen Nutzer*innen übertragen möchten. Der Universität erschien dieser Weg allerdings als zu langwierig und komplex.

Die Planungen gehen nun tatsächlich rasch voran. Inzwischen wurde der Vertrag über die Vergabe des Projekts mit FAKT und Düsing bereits unterschrieben. (mh)


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

10

EinInsider | 05.06.2024 12:40 Uhr

NeueArchitekturSchuleSiegen

@jan / @solong

Jaja, es wäre schon eine tolle Sache gewesen.

Wir hätten es ja gerne mit ZRS/coopdisco durchgezogen. Die haben uns im Wettbewerb beeindruckt mit ihrem Konzept und der Möglichkeit, die vorgeschlagene Architektur als Platzhalter für den Prozess.

Wir sind allerdings ein sehr kleines Department mit nur 8 Professuren, die aus der Architektur kommen. Davon befinden sich 2 in einer Neubesetzung. Der Druckhausprozess für unser neues Gebäude mit 7 Tagen Summerschool als Auftakt im Sommer 23, die top besetzte Jury, die unterschiedlichen Stakeholder-Formate während der zweiten Phase und am Ende ein Ergebnis, das von allen Beteiligten mitgetragen wird....

Tja da von vertanen Chancen zu sprechen, finde ich dem Prozess und dem Ergebnis... nun ja... unangemessen...

9

Igor Igorowitsch | 04.06.2024 17:45 Uhr

Antwort zu Jan

Zitat auf der Webseite von Gustav Düsing:

"Developed through a multi staged participatory process with students, faculty staff and community members..."

Löst zwar nicht gänzlich dein angesprochenes Problem, jedoch scheint hier eine gute Zusammenarbeit stattgefunden zu haben.

LG

8

solong | 03.06.2024 13:21 Uhr

Gerade an einer Architekturfakultät könnte

... man sicher die anforderung stellen, jeder der schonmal mit im hochschulrat tätig war und erlebt hat ... was ein "hauen und stechen" das unter den beteiligten um jeweilige vorteile gibt ... und wieviel konkurenz- und neidgedanken das ganze beeinflussen ... weiss, dass das zu keiner sinnvollen lösung in absehbaren zeiträumen führen kann ...

7

Lernort "Architektur" - Architektur-Lernort | 01.06.2024 09:44 Uhr

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Ein Entwurf,
der
als „Weiterbau“ Nachhaltigkeit verfolgt,
Statikern Kreativität abverlangt,
Bauphysiker vor Herausforderungen stellt
und dabei aber vor allem
konsequent eine
tragende gestalterische Idee in den Mittelpunkt stellt,
die in ihrer
Leichtigkeit und Poesie
auch,
aber viel mehr als nur
funktional ist...

Was könnte eine Architekturschule besser abbilden?

6

Jan | 31.05.2024 15:09 Uhr

Vertane Chance

Der erste Preis ist hervorragend und verdient.
Ich gratuliere den Kollegen.

Doch hier kommt eine alte Frage in mir hoch, die ich schon als Student hatte:

Wieso werden Neubauten für eine Universität mit dem Studiengang Architektur von Ortsfremden Büros entworfen?

Gerade an einer Architekturfakultät könnte man sich doch dieser Herausforderung stellen und sich ein maßgeschneidertes Haus entwerfen, mit dem sich die Studenten- und Belegschaft gleich identifizieren kann.
Zudem könnte man tolle Seminare machen und den Bauprozess in die Lehre einbinden.

Wieso macht man sowas nicht?

5

Peter K | 31.05.2024 10:33 Uhr

Architektur

1. Preis: BRAVO!

4

Weltausstellung Brüssel | 30.05.2024 21:46 Uhr

1958

Jahr verpeilt.

Wollte ich noch hinterherschieben.
Wenn ich es so betrachte, sieht es wirklich nach Jahrzehnte-Stilmix aus.

Sanaa, Sobek u.a.

Jedenfalls trotz Retro-Mix einmal wieder etwas anderes als zur Zeit üblich.
Das kann gut tun.

3

Braunschweig und Siegen | 30.05.2024 21:37 Uhr

Gewinner und Verlierer

Also im Vergleich ist der erste Preis verdient.
Wirkt in der Darstellung leicht und luftig, erinnert an den Brüsseler Pavillon zur Weltausstellung von 1953 oder an andere Projekt der Klassischen Moderne als gelungener Stilmix aus allem.

Den Fragen nach Fassade, Material, Energie und Klima wird in Piktogrammen begegnet. Wie überzeugend, kann man hier nicht sehen.


Ich mochte bisher auch die Arbeiten von Gustav Düsing.

Aber wieso sieht dieses Projekt fast genauso aus wie das in Braunschweig?


Warum sind die Arbeitssituationen im Studio nicht besser gelöst?

Die Spindeltreppen sind auch nur im Bild schön.

2

Nathan Kosic | 30.05.2024 20:59 Uhr

Vorbild

Extrem schönes Modell + Entwurf... und scheinbar Verfahren mit Modellcharakter, wenn so etwas herauskommt. Toll, dass der Mut und die Summerschool mit diesem Ergebnis belohnt wurden. Und erstaunlich, dass sich ein Entwurf mit experimentellem Leichtbau, Klimazonen und so einer Offenheit in Deutschland durchsetzen kann.

1

Frauke | 30.05.2024 16:14 Uhr

Top

Super Entwurf und gute Juryentscheidung, auch im Vergleich zu den weiteren Preisen , das macht Freude. Glückwunsch an Uni und Gewinner*innen.

 
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1. Preis: FAKT und Gustav Düsing (beide Berlin)

1. Preis: FAKT und Gustav Düsing (beide Berlin)

2. Preis: ADEPT (Kopenhagen)

2. Preis: ADEPT (Kopenhagen)

3. Preis: ZRS Architekten und coopdisco (beide Berlin)

3. Preis: ZRS Architekten und coopdisco (beide Berlin)

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