RSS NEWSLETTER

https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Experimenteller_Wohnungsumbau_in_Stuttgart_von_SFP_Architekten_5201311.html

24.11.2017

Zurück zur Meldung

Reise durch Raum und Zeit

Experimenteller Wohnungsumbau in Stuttgart von SFP Architekten


Meldung einblenden

Für manche ist es ein Traum, einmal in der Zeit zu reisen. SFP Architekten (Stuttgart) haben es im Kleinen mit ihrem Projekt Zeitkapsel gewagt. Beim Umbau des Hochparterre eines einhundert Jahre alten Wohnhauses in Stuttgart-Heslach sind sie durch die baulichen Zeitschichten gereist. Dass dies überhaupt möglich war, hat mit den Eigentumsverhältnissen zu tun. Die Räume gehören einem der Büropartner und sollen künftig als Atelier, Büro und für Veranstaltungen genutzt werden.

„Wir haben die Möglichkeiten untersucht, alles Vorgefundene zu verwerten und zu gestalten. Die Poesie des Unfertigen, des Rohen und des Nicht-Perfekten ist für uns Inspirationsquelle“, schreiben SFP Architekten dazu. Ihr Ziel war es, tief in den Bestand und dessen Zeitschichten einzudringen und eine Symbiose zwischen Neu und Alt zu schaffen.

Der Umbau umfasste im Wesentlichen zwei bauliche Eingriffe: einen Wanddurchbruch, der einen großzügigen Raum ermöglichte und ein raumhohes Fenster als Verbindung in den begrünten Hof. Rostrote Stahlbügel dienen, ausgeklappt und mit drei Holzbrettern belegt, als Sitzstufen. Ein vierflügeliges Fenster aus hellem Tannenholz gewährt Einlass durch einen ausgefransten Backsteinrahmen. Außerdem wurden Wände und Decken an mehreren Stellen wie mit einem Skalpell aufgeschnitten. An einer Stelle liegt die vielfach überstrichene Raufaser vorne, eine gemusterte Tapete aus den Fünfzigerjahren dahinter, dann der Originalputz und schließlich Backsteine von 1908.

Im Sommer hatten die Architekten zudem vier Stuttgarter Künstlerinnen eingeladen, sich auf die Reise durch die Räume zu begeben. So entstanden viele Guckkästen in die Vergangenheit: Kastenförmige Neonleuchten und der epoxidharzbeschichtete, von Sonne und Putzmittel verfärbte, lindgrüne Boden zeugen von der Büronutzung in den Neunzigerjahren. Eine Wand aus Planrollen erinnert an die Architekten, die zuvor in den Räumen arbeiteten.

Im Wanddurchbruch, der von dicken Eichenbalken aus dem 17. Jahrhundert gestützt wird, wurde eine Schaukel aus Hanfseilen eingefügt, die beim Durchbruch überflüssig gewordenen Backsteine zu einem Ofen gemauert. Dazu: Lampenskulpturen aus Heizungsrohren und Flaschentrocknern, ein altes Wandbild zeigt New York. In der Küche ein Sammelsurium aus weißem Lack, braunem Nadelholz und graugesprenkeltem Spülstein. (kat)

Fotos: Sarah Weiselowski


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

14

atm | 08.12.2017 15:25 Uhr

Eine "kultivierte Anarchie"

gegen den herrschenden Architektur-Mainstream kann ja nicht schaden... aber wird das nicht langsam zur Mode?

Der Verrohung der Gesellschaft scheint die "kultivierte Verrohung (Verrohrung)" der Architektur zu folgen...

13

dethomas | 28.11.2017 18:54 Uhr

@namenlos (12. kommentar)

genau richtig 'scheuklappenmäßig' verstanden.
danke für ihre scharfsinnige antwort. damit geben sie meiner noch die entsprechende pionte.

12

@dethomas | 28.11.2017 15:10 Uhr

weniger ist mehr...

...= how low can you go?
Warum denn Strom für die Beleuchtung, Kerzen sind doch viel besser, statt Heizkörper würde ich eine offene Feuerstelle bevorzugen, die Spüle würde ich durch einen Eimer ersetzen und überhaupt, Urlaub mache ich dieses Jahr im Torre de David, die wissen wenigstens, was Architektur ist.

11

dethomas | 27.11.2017 18:03 Uhr

ein augenschmaus . . . . .

weniger ist mehr.
auch wenn bei vielen kollegen die designerbrillen zu scheuklappen geworden sind.
die intoleranz ist erstaunlich!

10

haumimitderschaufel | 27.11.2017 14:21 Uhr

super!

endlich mal ein unverkrampfter und ehrlicher ansatz, wie mit bestand umgegangen werden kann! in zeiten von pvc designböden in holzoptik tut es gut solche projekte zu sehen.

9

Räumchen | 27.11.2017 11:43 Uhr

Müllhalde

Mir gefällt es, weil sich die Kollegen besonders im sonst glattpolierten und auf Schick sanierten Stuttgart einfach trauen, einen anderen Weg und eine andere Ästhetik zu wählen, und mit den vorgefundenen Bauteilen zu spielen, und sie nicht wegsanieren, sondern integrieren. Das eine Müllhalde zu nennen ist unfair, zumindest hinterlassen die keinen Sondermüll an Bauteilen...

8

reto | 27.11.2017 10:08 Uhr

mag sein

... mag sein, dass es auf Fotos gut wirkt oder für Städter nach einem Schuss rauer Boheme aussieht. Für mich sieht es exakt so wie mein eigenes, momentan entkerntes Wohnhaus aus. So will ich nicht wohnen! Um nicht falsch verstanden zu werden: zeigenswertes Altes soll natürlich gezeigt werden und Alt-Neu-Kontraste zu setzen ist wichtig. Alles klar, aber so wie hier im Beispiel wirkt es nur aufgesetzt und ins Absurde geführt.
Sind euch schon mal die Palettenmöbel aufgefallen, die aus eigens dafür hergestellten palettenförmigen Holzgebilden gebaut werden, weil echte Paletten nicht mehr palettig genug sind? ... genau das gleiche.

7

JoKöhler | 27.11.2017 08:41 Uhr

Reise durch Raum und Zeit

Sehr erstaunlich was alles unter Architektur verkauft werden kann!!
Anm.: bin selbst Architekt

6

peter | 26.11.2017 22:25 Uhr

nicht schlecht,...

... aber an manchen stellen wirkt es etwas gewollt, z.b. bei der an die wand gespaxten dachluke.

5

Berliner | 26.11.2017 22:09 Uhr

So ähnlich...

So ähnlich habe ich auch mal gewohnt, als ich mich mitten im Umbau eines alten Gutshauses von den Handwerkern trennen musste, aber der Behörde bereits die Fertigstellung der Wohnung angezeigt hatte.

Damals hatte ich allerdings anderes zu tun, als mir einen philosphischen Überbau für diesen Zustand auszudenken und zu publizieren.

4

Joh Maier | 25.11.2017 12:46 Uhr

Kunscht

Ist das eine Studentenbude oder eine begehbare Müllhalde?

3

schlawuki | 25.11.2017 12:10 Uhr

Gut !

Ich finde das ist ein schöner neuer Denkansatz.
Und auch ein schönes Experiment.
Zumal in Stuttgart in der sich Behnisch & Co mit grenzwertiger Investorenarchitektur verwirklichen können und ihre räudigen Duftmarken hinterlassen.
Ich halte die Daumen, dass sich diese Art an die Aufgaben heranzugehen weiter umsetzen lässt.

2

und mir...: | 24.11.2017 23:45 Uhr

Grölemeyer, herb

"Kunst halt"
kann bleiben.

1

Herber Grönemeyer | 24.11.2017 17:41 Uhr

Es kommt mir über die Lippen ein:

"Was soll das?"

 
Mein Kommentar
Name*:
Betreff*:
Kommentar*:
E-Mail*:

(wird nicht veröffentlicht)

Zur Durchführung dieses Service werden Ihre Daten gespeichert. Sie werden nicht an Dritte weitergegeben! Näheres erläutern die Hinweise zum Datenschutz.


Die Eingabe einer E-Mail-Adresse ist zwingend, um einen Kommentar veröffentlichen zu können. Die E-Mail ist jedoch nur durch die Redaktion einsehbar und wird nicht veröffentlicht!


Ihre Kommentare werden nicht sofort veröffentlicht. Bitte beachten Sie unsere Regeln.




Alle Meldungen

<

24.11.2017

Apple-Tempel im Silicon Valley

Steve Jobs Theater von Foster + Partners

24.11.2017

Park und Stadt gestapelt

MVRDV und Openfabric planen in Schanghai

>
baunetz CAMPUS
Learning from Grabs
Baunetz Architekt*innen
KRESINGS
Stellenmarkt
Neue Perspektive?
vgwort