Architektur und Städtebau hatten es nie leicht im Kontext der documenta. Zwar gab es schon auf der ersten documenta 1955 eine Architekturausstellung, doch zu einer echten, konzeptionell orientierten Bauausstellung mit der entsprechenden Dynamik kam es erst 1982. Unter dem Titel documenta urbana entstand auf einem Teil der Dönche – einem ehemaligen Truppenübungsplatz am Stadtrand – eine Wohnsiedlung, an der bekannte Architekten wie Herman Hertzberger, Otto Steidle, Michael Wilkens, Roland Rainer sowie Hinrich und Inken Baller mitwirkten.
Zwanzig Jahre später kam es zu einer Reaktivierung der documenta urbana, wenngleich nur auf diskursiver Ebene. Nachdem die Geschäftsführung der documenta die weitere Verwendung des Begriffs im Jahr 2008 untersagte, firmieren die Aktivitäten nun unter dem Namen experimenta urbana. Und in der Tat geht es auch in diesem Jahr experimentell zu. Zum achten Mal findet die Veranstaltung statt, dieses Mal unter dem Titel „Ways Of Life. 20 Architekten – 20 Prototypen – 20 Ways Of Life“.
Die Veranstalter Manuel Cuadra und Wolfgang Schulze von der Universität Kassel sowie Christoph Heese und Neeraj Bhatia konnten zwanzig internationale Büros gewinnen, die ein frei stehendes Einfamilienhaus auf dem Land entwarfen. Standort ist die Halbinsel Scheid in Nordhessen, aber eigentlich ist das auch egal, denn es geht den Veranstaltern um nicht weniger als um die grundsätzliche Frage, wie das Wohnen und Arbeiten zwischen Land und Stadt heutzutage gedacht werden kann. Der aufgespannte begriffliche Rahmen – „Sehnsucht nach Natur, Entschleunigung und Ruhe“ – scheint dabei weniger radikal als die Entwürfe, für die unter anderem Tatiana Bilbao, DOGMA, Anna Heringer, KWK Promes und J. Mayer H. verantwortlich zeichnen.
Die Ausstellung eröffnet am Mittwoch, 5. Juli um 19 Uhr im Südflügel des KulturBahnhofs. Bis zum 30. Juli wird sie dort zu sehen sein. Anschließend – vom 1. August bis zum 17. September – wird sie im Foyer des ASL Gebäudes der Universität Kassel am Universitätsplatz 9 gezeigt.
Eröffnung: Mittwoch, 5. Juli, 19:00 Uhr
Ort: Südflügel KulturBahnhof (Hauptbahnhof), Rainer-Dierichs-Platz 1, 34117 Kassel
Zum Thema:
www.experimenta-urbana.de
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Gabriel | 06.07.2017 18:57 UhrFassungslos
Es ist kaum fassbar, wie ahnungslos Auslober, Teilnehmer und Kritik hier in die Sackgasse laufen.
Radikal? Lässt sich das Thema "experimenta urbana" denn schlimmer ad absurdum führen als mit diesen belanglosen Nettigkeiten "internationaler Büros" (was immer das in dem Zusammenhang heißen soll)? Das erinnert an die letzten Tage der Spätmoderne in den 1960ern, als unsere Väter schon einmal aus den Augen verloren hatten, wo die wahren Herausforderungen und Möglichkeiten der Architektur liegen. Schade, dass fähige Leute dabei sind.